Nicht alle Kunden wollen Beratung. Manchen reicht ein intensives Selbstgespräch in meiner Anwesenheit. Während mein Gegenüber also sämtliche Bestandteile der Reiseapotheke für Südafrika durchgeht, ist mein Vorschlag bezüglich Malariaprophylaxe höchstens ein Störfaktor.
Länger nichts mehr gechrieben, richtig? Tut mir leid, ich war ziemlich beschäftigt mit Ferienvorbereitungen. Nicht nur mit meinen: Am Samstag durfte ich in der Apotheke gleich zwei Reisebratungen machen. Ich liebe Ferien und Reisen und Reiseberatungen gehören in der Apotheke zu den Aufgaben, die ich wirklich gerne mache. Außer ich habe so eine Person, wie sie mir mein Kollege am Samstag „übergeben“ hat: „Sie hat da noch ein paar Fragen wegen ihrer Reise nach Südafrika.“
Ein spitzenmäßiges Gespräch
Ja, die hatte sie – allerdings bin ich nicht sicher, weshalb sie mich dafür „gebraucht“ hat. Ich war schon diverse Male in Südafrika und weiß auch, was man in der Reiseapotheke braucht. Dafür haben wir eine Checkliste. Die ist sie mit mir (oder besser vor mir) durchgegangen und hat vor sich hin besprochen, was sie schon alles hat, noch braucht und wo sie das alles aufbewahrt. Also: Ins Handgepäck oder ins Reisegepäck? Oder in die Handtasche, die sie zusätzlich mitnimmt? Und das alles hat sie in ihrem Notizbuch jetzt schon mal „verteilt“. Vor mir. Eine halbe Stunde lang.
Ihr Notizbuch. Da kam alles rein. Es wurde alles säuberlich notiert, was ich vorgeschlagen habe. Ihr kennt das: Grundmedikation, die sie schon nimmt? Schmerzmittel? Wundversorgung? Mücken- und Sonnenschutz? Nasenspray? Mittel gegen Magen-Darm-Probleme? Allergien? Und so weiter.
Mückenschutz? Check. Malariaprophylaxe? Überbewertet.
Ich habe gefragt, wann sie wohin reist. Im April in einen Privatpark neben dem Krüger Nationalpark, hieß es. Ich habe sie darauf hingewiesen, dass das Hochrisikozeit und -gebiet ist und dass sie für dort wohl nicht nur Mückenschutz sondern auch eine Malariaprophylaxe braucht. Das wollte sie gar nicht hören: „Das Zeug ist Gift, und das nehme ich nicht!“
Das hat mich doch etwas verblüfft. Klar, es bleibt ihre Entscheidung, aber so ungefährlich ist Malaria nicht. Ich habe schon selber mitbekommen, dass Leute daran gestorben sind, wie Kinga damals (was ich heute noch enorm traurig finde, da es so vermeidbar gewesen wäre). Deshalb habe ich nochmals einen Anlauf genommen, ihr das zu vermitteln, mit der Geschichte von dieser jungen Frau … und ihre Antwort darauf war nur: „Dann war das halt ihr Schicksal“. Gut, dann unterlasse ich da alle weiteren Versuche, wenn etwas passiert, liegt das halt auch in ihrem Schicksal. Auch wenn sie dafür offenbar für jeden anderen Mist vorbereitet sein will – dem Notizbuch nach und ihren eifrigen Einträgen vor mir.
Es geht auch anders
Eine halbe Stunde und viele Mittel und Tipps später hat sie dann genau ein kleines Antibrumm-Spray gekauft und ist gegangen.
Mein Kollege hat wohl meinen Blick gesehen und entschuldigte sich, dass er sie mir übergeben hat. Unnötig – wie gesagt, eigentlich mache ich das sehr gerne und auch er konnte nicht ahnen, was da kommt.
Aber das Leben (und die Arbeit) ist erstaunlich ausgleichend: Ein paar Stunden später hatte ich jemanden, der nach Südamerika reiste und meine Tipps und Informationen dankbar angenommen hat. Auch er brauchte Malariamedikation – aber nur als Notfallmedikament und hat den Hinweis dafür dankbar aufgenommen. Also: Alles wieder gut.