Für junge Mediziner ist die eigene Niederlassung nicht mehr selbstverständlich, sehr zum Ärger der Apobank. Deshalb verfolgt die Bank neue Ziele: Sie will Ärzten Praxis-Infrastrukturen zur Verfügung stellen und sie bei Verwaltungsaufgaben entlasten – Einflussnahme inklusive.
Bei der letzten Pressekonferenz hatte Ulrich Sommer, Chef der Deutschen Apotheker- und Ärztebank, nicht nur die üblichen Betriebsergebnisse im Gepäck. Die Neugründung einer Praxis sei für viele junge Mediziner ein schwerer Schritt, erklärte er. Deshalb plant die Apobank, Ärzte mit Mietpraxen inklusive administrativer Hilfestellung zu unterstützen. Seine Ankündigung schlug hohe Wellen.
Investoren führen das Skalpell
Bislang gibt es keine spruchreifen Details. Das bietet Anlass für Spekulationen. Handelt es sich tatsächlich um Franchise-Konzepte, wie die Freie Ärzteschaft vermutet? Schwierig wird es, sollte die Apobank versuchen, in vertragsärztliche Versorgungsstrukturen reinzugrätschen. Dafür fehlt einem Geldinstitut einfach jede Kompetenz. Gleichzeitig stellt sich die Frage, ob Investoren medizinische Entscheidungen beeinflussen.
Ärzte kennen die Problematik ja nur allzu gut – und zwar aus dem klinischen Bereich. Privaten Trägern geht es um die Rendite, nicht um Patienten. Kaufmännisch-administrative Geschäftsführer steuern medizinische Leistungen, um Renditen zu „optimieren“. Dies bestätigte erst kürzlich ein junger Arzt gegenüber DocCheck. Aus Kostengründen komme es nicht selten vor, dass Patienten ohne medizinischen Grund im Krankenhaus untersucht bzw. behandelt würden. Für die Krankenhäuser ist das ein einträgliches Geschäft, während Klinik-Ärzte rudern und rudern und rudern.
Wiederholt sich die alte Leier, werden auch niedergelassene Kollegen zum Spielball der Investoren. Vielleicht folgen andere Geldinstitute, sollte die Apobank Erfolg mit ihrem geplanten Modell haben. Renditeorientierung und ökonomische Fremdbestimmung stehen mit ärztlichen Interessen selten in Einklang. Das haben die letzten Jahre gezeigt. Die Privatisierung ist Krankenhäusern nicht gut bekommen.
Das Imperium rudert zurück
Vom heftigen Gegenwind überrascht, versuchte die Apobank, umgehend Land zu gewinnen. Bei der Recherche fiel auf: Sommer gab sowohl dem Deutschen Ärzteblatt als auch der Ärzte Zeitung fast zeitgleich ein Interview. Er distanziert sich vom Gerücht, man plane eigene Einrichtungen oder gar medizinische Versorgungszentren zu betreiben. Seine Bank wolle nicht im Wettbewerb zu den niedergelassenen Ärzten stehen, sondern sie gegen Finanzinvestoren aus der Industrie stärken, stellte er klar.
Vielmehr denkt der Apobank-Chef laut darüber nach, Infrastrukturen bereitzustellen. „Ich könnte mir vorstellen, dass Ärzte modulweise entscheiden können, ob sie nur die Praxisräume mieten oder auch das Inventar, die Software und die Angestellten übernehmen möchten“, sagt Sommer. Sein Haus tätigt vorübergehend Investitionen und übernimmt Verwaltungsaufgaben.
Sommer will die Ärzte von administrativen Aufgaben entlasten, damit sie sich ganz auf ihre Kerntätigkeit konzentrieren und in betriebswirtschaftliche Aufgaben hineinwachsen können. Ärzte entscheiden quasi selbst, wann sie sich fit für die Übernahme fühlen. Weitere Details nennt der Apobank-Chef nicht; er will das Thema erst mit Standesvertretern erörtern.
Ein Schelm, der Schlechtes dabei denkt
Damit ist noch lange nicht alles gut. Praxen werden transparent wie Glas, falls Banken auch noch bei der Verwaltung ihre Finger im Spiel haben, wie von Sommer zumindest angedacht. Hier ist der größte Unterschied im Vergleich zu klassischen Existenzgründer-Krediten zu finden. Wurden Leistungen nicht optimal abgerechnet (EBM/GÖÄ usw.), stehen nach dem neuen Konzept vielleicht schon bald Betriebswirte schon der Tür, um zu optimieren. Auf Ruderbooten heißt er Steuermann.
Böse Zungen in Form der Freien Ärzteschaft gehen noch einen Schritt weiter. Schwimmen der Apobank langsam alle Felle davon? Der Verband spekuliert jedenfalls, wirtschaftliche Schwierigkeiten bei der Praxisfinanzierung nähmen zu, und es werde immer schwerer, Nachfolger zu finden. Klar ist: Eines der Kerngeschäfte der Apobank sind Darlehen für Existenzgründungen. Sommer konstatiert, die neue Idee sei damit verbunden, Mediziner vom Mehrwert ihrer eigenen Praxis zu überzeugen und ihnen diese perspektivisch zum Kauf anzubieten.
Befragungen unter Ärzten zeigen einen eindeutigen Trend: Junge Heilberufler entscheiden sich immer seltener für die eigene Praxis – das Familienleben steht bei ihnen klar an erster Stelle:
©Apobank
Dieser Trend ist ungünstig, wenn man eben Kredite vermitteln möchte. Das könnte zumindest ein Grund sein, warum die Apobank versucht, komplett neue Wege einzuschlagen. Ob ihre Strategie aufgehen wird, muss sich zeigen.
Ältere Befragungen hatten ergeben, dass sich bis 2030 deutlich weniger angehende Heilberufler als Praxisinhaber sehen. Bei Ärztinnen überwiegt sogar der Wunsch nach einer Tätigkeit im Angestelltenverhältnis. Aber auch Ärzte sehen sich nicht mehr so oft als Chef.
Folgende Modelle der Berufsausübung werden im Jahr 2030 präferiert:
Ob das Konzept der Apobank ausreicht, grundlegende Lebensentwürfe der jungen Ärzte-Generation zu ändern, ist fraglich.