Ganz Deutschland redet über Schummeleien bei Organtransplantationen. Allzu gerne übersehen wir, dass Straftaten durch Ärzte zwar selten sind, aber vorkommen. Und sie führen nicht nur zu strafrechtlichen Verurteilungen, auch die Approbation ist in Gefahr. Ein Blick auf besonders drastische Verfehlungen.
Das Recht, als Ärztin oder Arzt zu arbeiten, ist nicht in Stein gemeißelt. Laut Bundesärzteordnung (BÄO), ist die Approbation zu erteilen, falls der Antragsteller sich „nicht eines Verhaltens schuldig gemacht hat, aus dem sich seine Unwürdigkeit oder Unzuverlässigkeit zur Ausübung des ärztlichen Berufs ergibt […]“. Fallen entsprechende Voraussetzungen später weg, sieht die BÄO vor, die Approbation zu widerrufen.
Nun ist „Unwürdigkeit“ ein dehnbarer und schwammiger Begriff. Wer mit geringfügig überhöhter Geschwindigkeit geblitzt oder von Patienten haltlos angeschwärzt wird, hat nichts zu befürchten. Gefährlich wird die Sache jedoch bei schweren Delikten: Dann müssen die Staatsanwälte die Aufsichtsbehörden aufgrund der Anordnung über die Mitteilungen in Strafsachen (MiStra) informieren. Einige Beispielfälle:
Missbrauch im Aufwachraum
Nach Abschluss eines Eingriffs berührte ein Anästhesist in klarer Absicht die Brüste seiner Patientin. Die Betroffene erstattete Anzeige und es folgte eine Verurteilung wegen Missbrauchs einer Widerstandsunfähigen in Tateinheit mit Missbrauch einer zur Behandlung anvertrauten Person. Anschließend kassierten die Behörden die Approbation des Arztes ein. Sowohl das Verwaltungsgericht Oldenburg als auch das Oberverwaltungsgericht Lüneburg bestätigten diese Entscheidung (Az.: 8 LA 102/14). Sie argumentierten wenig überraschend, der Arzt habe seine Stellung als Anästhesist missbraucht und seine Fürsorgepflicht verletzt und sich damit als unwürdig für die Ausübung des ärztlichen Berufs erwiesen.
Der Arzt als Spanner
Ähnlich erging es einem Dermatologen, der mindestens 48 Frauen fotografiert hat, ohne deren Wissen oder Zustimmung. Seine Patientinnen waren unbekleidet oder hatten Unterwäsche an. Der Arzt wurde auf der Grundlage von § 201a des Strafgesetzbuchs („Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs durch Bildaufnahmen“) zu einer Geldstrafe verurteilt. Gleichzeitig entzog ihm die Aufsichtsbehörde mit Hinweis auf die „Unwürdigkeit zur Ausübung des ärztlichen Berufes“ seine Approbation. Dagegen klagte der Dermatologe ohne Erfolg vor dem Verwaltungsgericht Köln (Az.: 7 K 3421/13). Er versuchte zu argumentieren, dass er die Aufnahmen als Tests seiner Kamera angefertigt habe. Auch ein psychologisches Gutachten konnte den Hautarzt nicht entlasten.
Zähne gezogen – ohne Einwilligung
Auch im zahnmedizinischen Bereich geht es manchmal hoch her. Ein Zahnarzt hatte einem 20-jährigen Patienten unter Vollnarkose 20 Zähne gezogen – ohne ausreichenden Befund. Außerdem hatte der Arzt sich zuvor keine Einwilligung des Patienten eingeholt. Der 20-Jährige wurde nach der Behandlung zum vollständigen Prothesenträger. Richter verurteilten den Zahnarzt zu einer Freiheitsstrafe von acht Monaten auf Bewährung. Wenig später verlor er seine Approbation. Dagegen wehrte sich der Mann erfolglos vor dem Verwaltungsgericht Magdeburg (Az.: 3 A 339/11 MD). „Der Wille der Patienten steht an oberster Stelle, wäre von dem Kläger […] zu beachten gewesen und hätte auch eingeholt werden können“, heißt es im Urteil. „Wenn sich der Kläger darüber hinweggesetzt hat, zeigt er, dass er den Patientenwillen negiert – ein für einen Zahnarzt unwürdiges Verhalten.“
Entzugsversuch auf eigene Faust
Nicht zuletzt drohen bei Verstößen gegen das Betäubungsmittelgesetz (BtMG) und gegen die Betäubungsmittel-Verschreibungsverordnung (BtMVV) harte Strafen. Ein Arzt verordnete innerhalb von fünf Tagen 900 Tabletten Flunitrazepam, angeblich wegen eines Entzugsversuchs seines Patienten im Ausland. Flunitrazepam untersteht seit 2011 dem Betäubungsmittelgesetz (BtMG). Der bekanntermaßen opiatabhängige Patient spritzte sich wenige Tage später Heroin und Flunitrazepam. Er verlor das Bewusstsein.
Ermittlungen führten schnell zu dem behandelnden Arzt. Es kam zum Widerruf der Approbation, was der Betroffene nicht hinnehmen wollte. Sowohl das Verwaltungsgericht Hannover als auch das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht bestätigten allerdings die Entscheidung (Az.: 8 LC 123/14). Der Arzt habe seinen Patienten in Gefahr gebracht, schreiben sie. Außerdem hätte der Entzugsversuch medizinisch überwacht werden müssen. Kritisiert wurde auch, dass der Beigebrauch von Opiaten bekannt gewesen sei.
Fiskale Verfehlungen
Richter bringen die im BÄO beschriebene „Unwürdigkeit“ oder „Unzuverlässigkeit“ auch mit nicht medizinischen Verfehlungen in Zusammenhang. Wer wegen Steuerhinterziehung (Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Az.: 21 ZB 12.2581) oder wegen Abrechnungsbetrugs (Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht, Az.: 8 LA 99/09) strafrechtlich verurteilt wurde, verliert in vielen Fällen ebenfalls die Berechtigung, als Arzt zu arbeiten. Daran können auch noch so findige Rechtsanwälte nichts ändern.