Wird Jens Spahn das Rx-Versandhandelsverbot durchsetzen? Beim Deutschen Apothekertag hoffte man mit der Rede des Gesundheitsministers auf eine klare Antwort – diese blieb aber aus. Dafür heizte er die Debatte über das Impfen in der Apotheke weiter an.
Rund sieben Monate ist Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) im Amt. In der Pflege präsentierte er „eine Idee nach der anderen so eifrig wie ein kleiner Hund das Stöckchen“, bloggte die „Notaufnahmeschwester“. Im Bereich öffentlicher Apotheken hat sich bislang nichts geändert. Beim Apothekertag versprach er, sich „in den nächsten sechs bis sieben Monaten Themen rund um die Arzneimittelversorgung zu widmen“. Das hört man gern, und das ist nach Valsartan oder Lunapharm auch bitter nötig. An Bottrop mag man gar nicht denken. Weiter wie bisher sei nicht möglich, das machte Spahn deutlich. Und ein Lob hören die rund 400 Delegierten immer gerne – bei Valsartan hat „maßgeblich die deutsche Apothekerschaft“ Schlimmeres verhindert.
Jetzt aber digital
Spahns große Passion ist bekanntlich die Digitalisierung. Er ärgert sich, dass „14 Jahre lang nichts vorangegangen ist“ und will jetzt auf die Tube drücken. Bis 2021, so hofft der Minister, soll es elektronische Patientenakten, E-Rezepte und digitale Medikationspläne geben. Die Realität hat ihn bereits jetzt eingeholt: Mehrere gesetzliche oder private Krankenkassen bieten schon jetzt eigene Lösungen an – selbstverständlich voll kompatibel mit der Black Box Telematik. Immerhin sicherte Spahn Apothekern finanzielle Unterstützung beim Anschluss an die Datenautobahn zu. In ein paar Jahren sollten Konnektoren auch keine Kinderkrankheiten mehr haben. Weiter führt Spahn aus: „Die freie Wahl der Apotheke muss dabei erhalten bleiben für den Patienten.“
Besser ausbilden
Bekanntlich bringen noch so innovative Tools wenig, wenn die pharmazeutische Expertise fehlt. Das betrifft nicht nur Approbierte – Spahn war über Hinweise des Bundesverbands der Pharmaziestudierenden überrascht. Auch bei PTA ist der Leidensdruck groß. Den Beruf gibt es seit mehr als 50 Jahren, doch die Welt hat sich weitergedreht. Berufsverbände fordern in Novellierungen eine längere theoretische Ausbildung, aber auch eine Entrümpelung der Lehrpläne. Spahn will in den nächsten ein bis zwei Jahren aktiv werden, aber auch das Schulgeld abschaffen. Längst zählen PTA zu den händeringend gesuchten Fachkräften.
Mehr Geld, aber nur mit mehr Leistung
Besonders sehnlich warteten Apotheker auf klare Worte zur Vergütung. Darauf ist Spahn vorbereitet. Er kann sich vorstellen, dass Pharmazeuten neue Leistungen erbringen und dafür auch zusätzliche Honorare erhalten. Der Minister nennt Impfungen in der Apotheke und das oft diskutierte Medikationsmanagement, ist aber auch Folgerezepten gegenüber aufgeschlossen. „Kommt mit Impfung in der Apotheke das Dispensierrecht für Ärzte? Und kommen Folgerezepte?“, meldet sich BAH-Chef Jörg Wieczorek zu Wort. Spahn: „Wenn die Arztpraxen voll sind und wir haben hier Kompetenz, warum nicht. Man müsse aber die Ärzte ins Boot holen.“
Im Digitalbereich denkt er laut über telepharmazeutische Tools, vergleichbar mit der Telemedizin von Ärzten, nach. Auch den Nacht- und Notdienstfonds will er sich genauer ansehen. Der Christdemokrat machte klar: Er kann sich neue Modelle vorstellen, will packungsbezogene Vergütungen kurzfristig aber nicht korrigieren. Fast als Drohung bringt er das umstrittene Honorargutachten vom März ins Spiel. Experten kamen zum Ergebnis, Fixhonorare seien sogar abzusenken. Die Botschaft ist klar: Gebt euch zufrieden, sonst droht euch Schlimmeres. Dem Berufsstand hält er einen Spiegel vor – neue Honorierungsmodelle seien bislang abgelehnt worden. Das hört natürlich niemand gern. Aber der packungsbezogene Obolus bildet Beratung und Medikationsanalysen eben nicht ab.
Koalitionsvertrag: Ein lästiges Versprechen
Bei der anschließenden Fragerunde wiesen Delegierte Spahn wiederholt aus den Koalitionsvertrag hin. CDU/CSU und SPD hatten geschrieben: „Um die Apotheken vor Ort zu stärken, setzen wir uns für ein Verbot des Versandhandels mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln ein.“ Spahn bleibt bei diesem Thema allerdings unverbindlich; man werde sich „damit befassen“. Die üblichen Argumente wie europarechtliche Bedenken oder Fragen der Staatshaftung folgen. Was überrascht: Spahns Vorgänger Hermann Gröhe (CDU) hatte quasi ein Gesetz in der Tasche. Er scheiterte nicht an Inhalten, sondern am beginnenden Wahlkampf. Die SPD lehnte Gröhes Vorstoß ab.
Weiter wie gehabt – nicht mit Spahn
Der Gesundheitsminister machte klar, dass es mit ihm ein „Weiter wie gehabt“ nicht geben wird. Er will viele Dinge anpacken. Viele Worte – beim nächsten Apothekertag 2019 wird sich zeigen, ob sich viel geändert hat.