Als sich Frau Gerhard auf den Behandlungsstuhl setzte, musste ich gar nicht fragen, warum sie gekommen war. Denn sie roch unglaublich streng aus der Nase, faulig und eitrig. Selbst merkte sie es gar nicht mehr. Die Rhinitis atrophicans kann verschiedene Ursachen haben.
Wenn man durch die Nase schlecht Luft bekommt, gibt es viele Ursachen und demzufolge unterschiedliche Therapien: Schleimhautpfege, Medikamente oder Operationen. Aber Vorsicht, viel hilft nicht immer viel.
Frau Gerhard war neu in der Stadt. Sie suchte sich unter anderem einen neuen HNO-Arzt. Als sie sich vor mir auf den Behandlungsstuhl setzte, musste ich nicht viel fragen. Ich wusste sofort, dass sie dringend eine Behandlung benötigte. Denn sie roch unglaublich streng aus der Nase, faulig und eitrig. Selbst merkte sie es gar nicht mehr.
Sie ist nicht die einzige Patientin mit einer Ozaena, Rhinitis atrophicans, einer Stinknase, die ich betreue. Die Ursachen sind sehr unterscheidlich und die Behandlung dauert lang und ist oft nicht abschließend erfolgreich.
Eine OP vor vielen Jahren
„Dr. Foraminologe, seit vielen Jahren muss ich regelmäßig zum HNO-Arzt gehen, damit meine Nase mal wieder von all den Borken befreit wird“, berichtete sie mir.
Vor fast 30 Jahren hatte sie sich in die Behandlung eines Arztes begeben, weil sie so schlecht Luft durch die Nase bekam und nur mit abschwellenden Nasensprays überhaupt etwas atmen konnte. Bei der anschließenden Operation in der nächsten Klinik habe man dann ihre Nasenscheidewand begradigt und die Muscheln gekappt, berichtet sie.
„Ich weiß noch, dass ich nach der Operation lange nachbehandelt werden musste, weil sich alles entzündet hatte. Erst wurde es besser mit der Luft. Mit der Zeit aber wurde es wieder schlechter und die Schleimhaut immer trockener.“
Ein Blick in die Nase zeigte mir die Ursache für die Verborkung: Die Muscheln waren fast nicht mehr vorhanden und in der Nasenscheidewand klaffte eine große Perforation. Die Atemluft verwirbelte nun umher und die wenige noch intakte vorhandene Schleimhaut konnte die Luft nicht mehr befeuchten.
Nasen-OP: Bloß keinen leeren Raum schaffen
In Gedanken flog ich viele Jahre zurück und erinnerte mich an die Worte eines sehr versierten Professors bei einem Nasenoperationskurs. Das Ziel einer Nasenoperation sei nicht, dass man am Ende einen leeren Raum hätte, sagte er mehrmals im Verlauf des Kurses. Es sei eine „Spaltraumoperation“. Es müsse genug Luft an viel Schleimhaut vorbeigeführt werden, damit die Nase ihre Funktion als Filter und Klimaanlage auch gut ausüben könne.
In diesem Fall führte das Loch in der Nasenscheidewand zu erheblichen Verwirbelungen der Luft, die dann an viel zu wenig Schleimhaut vorbeigeführt wurde. Zwei Gründe für eine Austrocknung. Der gebildete Schleim trocknete aus, Borken bildeten sich und nach einigen Tagen kam es zwischen Borke und Schleimhaut zu einer Entzündung, die dann je nach Keim zu einer Geruchsbelästigung werden kann.
Verschiedene Ursachen für die Stinknase
Ob bei dieser Operation der Nase wirklich ein Fehler begangen wurde, läßt sich nach so viel Zeit natürlich kaum noch nachvollziehen. Vielleicht ist durch unvorhersehbare Komplikationen ein Septumhämatom entstanden und eine postoperative Infektion hatte dann eine Perforation und einen Rückgang der Schwellkörper zur Folge. Vielleicht wurde auch eine mittlerweile längst veralterte Operationsmethode (z.B. Septumplastik nach Kilian) angewandt, die eben nicht die Schleimhaut schont und das knorpelige Septum wieder aufbaut.
Die Anzahl meiner Patienten mit diesem Krankheitsbild läßt natürlich keine repräsentative Statistik zu, aber die meisten Fälle sind tatsächlich Folge von Wiederherstellungschirurgie nach Mittelgesichtsfrakturen, also wesentliche Knochenbrüche des Gesichtsschädels. Und auch Radikaloperationen bei Tumoren, zum Teil auch mit Bestrahlungen.
Eine primäre Ozaena, bisher mit unbekannter genetischer Ursache, mit unerklärlichem Untergang der Nasenschleimhaut habe ich selten gesehen.
Theoretisch kann man auch mit Medikamenten eine Stinknase entstehen lassen. Jedem fällt da bestimmt sofort das abschwellende Nasenspray ein, das seine abschwellende Wirkung der Gefäßverengung verdankt. Weniger Blut für die Schwellkörper, aber auch weniger Durchblutung der Schleimhäute und damit Funktionsverlust. Die Nase kann sich nicht mehr ausreichend befeuchten und ihren eigenen Filter schlechter reinigen. Der Abtransport des Schleims und der daran anhafternden Partikel durch kleine Härchen ist gestört.
Therapiemöglichkeiten: Pflege ist wichtig
Die pflegerischen Möglichkeiten sind in der Wahl der einzelnen Produkte vielfältig, das Prinzip jedoch klar: Nase dauerhaft befeuchten, jeden Tag mehrmals. Hier kommen Salben, Öle, Inhalationen und Pflegesprays ins Spiel. Anschließend Reinigung der Nase zum Beispiel mit einer Nasenspülung. Falls die Borken zu fest sind, müssen sie mechanisch durch einen Arzt entfernt werden. Falls sich Bakterien gebildet haben, kann auch mit lokal wirksamen Antibiotika wie Ciprofloxacin oder Gentamicin in einem Nasenspray abstrichgerecht behandelt werden.
In einzelnen Fällen ist auch eine Operation sinnvoll. Eine Septumperforation kann man nämlich mit einem individuell angepassten Kunststoff-Obturator, einem Septumknopf, verschließen. Ich würde aber einen Verschluß mit Ohrknorpel und einer Septumverschiebeplastik vorziehen. Gelegentlich kann man auch die oben erwähnten Spalträume wieder herstellen, indem man die Räume durch submuköse Knorpeleinlagen verengt.
Wie wichtig die Nase ist, merkt man oft erst, wenn Filter, Klimaanlage und Geruchssinn nicht mehr funktionieren. Von der ästhetischen Funktion der Nase mal ganz abgesehen.