Um besser zu verstehen, warum multiresistente Erreger in Krankenhäusern so verbreitet sind, testete man in einer Studie nun Patienten zum Zeitpunkt der Klinikaufnahme. Das frappierende Ergebnis: Jeder zehnte Patient war bereits vor Aufnahme mit den Keimen belastet.
„Dass fast jeder zehnte Patient mit multiresistenten Keimen besiedelt ist, wenn er in der Klinik ankommt, war für uns überraschend“, erklärt Dr. Axel Hamprecht von der Uniklinik Köln. Er und Prof. Harald Seifert koordinierten zusammen mit Kollegen der Charité Berlin diese Studie, an der sich sechs deutsche Universitätskliniken beteiligten. Darunter die Unikliniken in Freiburg, Lübeck, München und Tübingen. Über 4.000 Erwachsene wurden bei Klinikaufnahme anhand von Stuhlproben oder Rektalabstrichen auf multiresistente Enterobakterien untersucht. Besonderes Augenmerk legten die Forscher in ihrer Untersuchung auf eine Gruppe von multiresistenten Bakterien, die häufig in Krankenhäusern Probleme bereiten. Dabei handelt es sich um die 3. Generations-Cephalosporin-resistenten Enterobakterien (3GCREB). Diese multiresistenten Darmbakterien, die unter anderem gegen Cephalosporine resistent sind, haben sich in den vergangenen Jahren weltweit ausgebreitet. Die neueren Cephalosporine der dritten Generation wirken gegen ein breites Spektrum an Bakterien und gehören zu den am häufigsten eingesetzten Antibiotika. Doch die Bakterien setzen sich zur Wehr und haben im Laufe der Zeit ein Enzym erworben, die Beta-Laktamase, das diese Antibiotika unwirksam macht. Enterobakterien werden durch Schmierinfektion, meistens über Fäkalien oder über Lebensmittel, übertragen.
Von den 4.376 Erwachsenen, die bei Aufnahme in eine der beteiligten Kliniken auf die 3GCREB-Keime untersucht wurden, waren 416 Träger dieser multiresistenten Keime. Diese Häufigkeit war bisher in Deutschland nicht bekannt. Besonders häufig fanden die Wissenschaftler Escherichia coli-Bakterien, welche Beta-Laktamasen produzieren, bekannt unter dem Namen ESBL-Enterobakterien. Die Häufigkeit der multiresistenten Keime war von Klinik zu Klinik unterschiedlich. Um ursächliche Faktoren für die Besiedelung mit diesen Bakterien aufzudecken, beantworteten die Patienten ergänzend einen Fragenkatalog zu bisherigen Klinikaufenthalten oder Lebensgewohnheiten. „Patienten nach Antibiotika-Einnahme und Reisende außerhalb Europas sind gefährdeter“, nennt Hamprecht zwei wichtige Ergebnisse.
Was kann getan werden, um die multiresistenten Keime möglichst frühzeitig aufzuhalten? „Bei so vielen Betroffenen funktioniert die Strategie einer Isolation innerhalb des Krankenhauses nicht mehr“, ist sich Hamprecht sicher. Zudem gebe es bei 3GCREB im Gegensatz zu anderen multiresistenten Bakteriengruppen wie MRSA-Stämme keine etablierten Sanierungsmöglichkeiten.“ Stattdessen empfehlen Hamprecht und Seifert bessere Hygienemaßnahmen in Kliniken und Praxen, einen rationalen Umgang mit Antibiotika sowie insbesondere eine Reduktion nicht gerechtfertigter Antibiotika-Gaben und mehr Schulungen für Ärzte. Originalpublikation: Colonization with third-generation cephalosporin-resistant Enterobacteriaceae on hospital admission: prevalence and risk factors Axel Hamprecht et al.; The Journal of Antimicrobial Chemotherapy, doi: 10.1093/jac/dkw216; 2016