Vor mehr als einem Jahr erblickte Apples ResearchKit das Licht der technischen Welt. Jetzt hat GlaxoSmithKline als erster Pharmakonzern die Plattform für sich entdeckt, um Patienten leichter für Studien zu rekrutieren – und um ihre Forschungskosten zu verringern.
Bei Hochschulen, Kliniken und außeruniversitären Forschungseinrichtung zeigt Apples „ResearchKit“ längst erste Erfolge. Bei dem Tool handelt es sich um eine offene Umgebung, mit der Programmierer Health-Apps entwickeln. Danach schließt sich eine verpflichtende ethische Überprüfung durch Apple an, berichtet „Heise online“. Forscher haben wiederum den Vorteil, leichter mit Probanden oder Patienten in Kontakt zu treten.
Neurologen der University of Rochester haben beispielsweise mit ihrer „mPower Study“-App über 10.000 Teilnehmer für die bislang größte Parkinson-Studie rekrutiert. Ähnlich erfolgreich waren Kardiologen von Stanford Medicine mit ihrer „MyHeart Counts“-App. Sie planen, Korrelationen zwischen kardiovaskulären Risiken und Lebensstil-Einflüssen zu untersuchen. Forscher beider Gruppen erwähnten als entscheidenden Vorteil, kaum Ressourcen in die Suche nach Studienteilnehmern stecken zu müssen. Jetzt wollen forschende Hersteller auch ihr Stück vom Kuchen abbekommen. Als erster Konzern präsentiert GlaxoSmithKline die „Patient Rheumatoid Arthritis Data from the Real World“ (PARADE)-Studie auf Basis einer App. GSK plant, 300 Teilnehmer mit rheumatoider Arthritis zu rekrutieren. Sie sollen drei Monate lang über ein Dashboard ihre körperlichen und seelischen Beschwerden eingeben. Außerdem erfasst ein im Smartphone integrierter Bewegungssensor ihre körperliche Aktivität. Alle Tests laufen erst einmal in den USA, jedoch nicht in Deutschland. GSK PARADE. Screenshot: DocCheck
„Unser Ziel ist es, mit Patienten auf eine neue Art und Weise in Kontakt zu treten, um das tägliche Leben zu erforschen“, sagt Rob DiCicco, Vice President, Clinical Innovation bei GlaxoSmithKline. Als entscheidenden Vorteil an der App sieht er, dass Teilnehmer nicht zum Arzt müssen, sondern nur zum Handy greifen – das ohnehin immer dabei ist. Ziel der neuen Studie ist aber nicht, Wirkstoffe zu entwickeln. „Mit der App werden die Kosten für die Unterbringung, aber auch für die Krankenpflege und ärztliche Betreuung reduziert, um den Teilnehmer die Studie zu erklären und die Infos sammeln“, ergänzt DiCicco. Damit startet GlaxoSmithKline einen Testballon, um zu sehen, welchen Mehrwert neue Rekrutierungsverfahren in der Praxis haben. Apples Plattform könnte dazu beitragen, Studienkosten drastisch zu minimieren. Purdue Pharma verfolgt ähnliche Ziele. Vice President Larry Pickett Jr. sieht in der Entwicklungsumgebung einen „signifikanten Meilenstein, um die Leistungsfähigkeit [der Pharmaindustrie] voranzubringen“. Picketts App ist jedoch noch nicht verfügbar. Mit weiteren Projekten auf Basis der Entwicklungsumgebung ist zu rechnen. Welche Qualität die Daten – gemessen an ärztlichen Befragungen – tatsächlich haben, ist offen.