Stillen kann das Diabetes-Risiko um bis zu 40 Prozent senken. Untersuchungen von Frauen mit Schwangerschaftsdiabetes konnten nun zeigen, dass eine Stilldauer von mehr als drei Monaten zu langfristigen Veränderungen des mütterlichen Stoffwechsels führt.
Vier Prozent aller schwangeren Frauen in Deutschland entwickeln vor der Geburt einen Schwangerschaftsdiabetes. Obwohl sich ihr Blutzuckerspiegel nach der Entbindung zunächst wieder normalisiert, erkrankt jede zweite Betroffene innerhalb der nächsten zehn Jahre an einem Typ-2-Diabetes. Mittlerweile ist zwar bekannt, dass Stillen dieses Risiko um 40 Prozent senken kann, warum das so ist, ist aber noch unverstanden. In früheren Untersuchungen konnte bereits gezeigt werden, dass sich ab einer Stilldauer von drei Monaten ein Schutzeffekt einstellt, der bis zu 15 Jahre nach einem Schwangerschaftsdiabetes anhalten kann. In einer aktuellen Studie wurde nun untersucht, ob der Stoffwechsel dafür verantwortlich sein könnte.
Für ihre Analysen untersuchte das Wissenschaftlerteam des Helmholtz Zentrums München knapp zweihundert Patientinnen, die einen Schwangerschaftsdiabetes entwickelt hatten. Die Studienteilnehmerinnen nahmen dabei eine standardisierte Zuckerlösung zu sich und gaben zuvor nüchtern und im Testverlauf eine Blutprobe ab. Diese verglichen die Wissenschaftler hinsichtlich 156 verschiedener bekannter Stoffwechselprodukte. Die Entbindung lag zu diesem Zeitpunkt im Schnitt dreieinhalb Jahre zurück. „Wir konnten beobachten, dass sich die Stoffwechselprodukte der Frauen, die länger als drei Monate gestillt hatten, deutlich von jenen unterschieden, die kürzere Stillzeiten hatten“, berichtet Erstautorin Dr. Daniela Much. „Das längere Stillen ist mit einer veränderten Produktion von Phospholipiden und verringerten Konzentrationen von verzweigtkettigen Aminosäuren im Blutplasma der Mütter verbunden.“ Dies sei auch insofern interessant, als dass die betroffenen Stoffwechselprodukte schon in früheren Studien mit Insulinresistenz und Typ-2-Diabetes in Verbindung gebracht wurden, so die Autoren.
„Die Ergebnisse unserer Studie liefern Hinweise auf krankheitsrelevante Stoffwechselpfade, die durch den Stillvorgang beeinflusst werden und somit dem Schutzeffekt zu Grunde liegen könnten“, fasst Dr. Hummel, die Leiterin der Studie, zusammen. Somit stelle Stillen eine kostengünstige Interventionsmaßnahme dar, langfristig das Risiko für Typ-2-Diabetes bei Frauen mit Schwangerschaftsdiabetes zu senken. Künftig wollen die Wissenschaftler überlegen, wie man die Erkenntnisse in konkrete Handlungsempfehlungen umsetzen kann. „Frauen mit Gestationsdiabetes stillen durchschnittlich seltener und kürzer im Vergleich zu nicht-diabetischen Müttern“, so Hummel. „Das Ziel ist nun, Strategien zu entwickeln, die langfristig das Stillverhalten insbesondere von Müttern mit Schwangerschaftsdiabetes verbessern.“ Originalpublikation: Lactation is associated with altered metabolomic signatures in women with gestational diabetes Daniela Much et al.; Diabetologia, doi:10.1007/s00125-016-4055-8; 2016