Der Leistungssportler und Kardiologe in spe gibt uns hier einen spannenden Einblick in die Vor- und Nachteile der sportlichen Betätigung aus herzgesundheitlicher Sicht. Sprichwörtlich lässt Sport die Herzen vieler Menschen höher schlagen. Nicht nur im übertragenen Sinn stimmt diese Aussage, denn auch durch sportliche Belastung kommt das Herz-Kreislaufsystem in Schwung. Doch ist das immer gut?
Ich bin Phillipp und seit 2012 studiere ich Medizin an der Friedrich-Schiller Universität in Jena. Parallel dazu betreibe ich schon seit meiner Schulzeit Leichtathletik als Leistungssport (3000m Hindernis und 5000m). Auch wenn diese beiden Bausteine nicht immer reibungslos ineinander passen, versuche ich aus dieser dualen Karriere das beste herauszuholen. Da beide Bereiche auch in verschiedenen Themen eng vergesellschaftet sind, möchte ich diese anhand eigener Erfahrungen gern weitergeben. Themenvorschläge sind stets willkommen. Ich werde hier nun regelmäßig Beiträge veröffentlichen, ansonsten kannst du auch gerne mal bei meinem Blog vorbeischauen: www.reinhardt-philipp.de
Generell ist Sport ein wesentlicher Faktor für eine höhere Lebenserwartung und senkt die Prävalenz kardiovaskulärer Erkrankungen. Das Herz pumpt stärker und die Herzfrequenz steigt – wir bekommen das selbst aber kaum mit.
Doch ist Sport immer gesund für das Herz und ist das Herz immer gesund genug für Sport?
Sportler haben insgesamt betrachtet ein geringeres Risiko, an einem plötzlichen Herztod zu sterben. Dennoch ist das Risiko, während sportlicher Belastungen ein Kammerflimmern zu erleiden, erhöht. Dieses „Exercise Paradoxon“ stellt einen der gravierendsten Zusammenhänge von Herzrhythmusstörungen und Sport dar.
Hintergrund und Diagnostik
Herzrhythmusstörung werden in
Beide Gruppen können verschiedene Ursachen haben (siehe unten). Um herauszufinden, um welche Störung es sich handelt, steht daher an erster Stelle eine gezielte Anamnese. Hier steht die Frage im Fokus – liegen kardiovaskuläre Erkrankungen in der Familie vor bzw. gibt es Fälle mit plötzlichem Herztod?
Symptome:
Was muss Arzt also bei Patienten mit Herzrhythmusstörung beachten?
Primäres Ziel sollte immer eine korrekte Diagnose sein. Daraus lassen sich Aussagen über die Gefahr für potentiell letale kardiale Ereignisse, die Lebensqualität und die Leistungsfähigkeit ableiten. Ebenfalls ist eine korrekte Diagnose ausschlaggebend für die Therapieentscheidung und deren Erfolg.
Dabei genügt der Mensch als Diagnosemaschine meist nicht ganz: Neben einer gezielten Anamnese und körperlichen Untersuchung ist im nächsten Schritt eine apparative Diagnostik unverzichtbar. Oftmals ist ein einzelnes 12-Kanal-EKG nicht ausreichend. Besonders bei belastungsabhängigen Arrhythmien ist der Einsatz eines Langzeit-EKG und einer Ergometrie sinnvoll. Weitere Untersuchungsmethoden, die im Einzelfall sinnvoll sind:
Sport und Bradykardie
Gerade beim Leistungssport sind verlangsamte Rhythmen des Herzens zu erwarten. Doch wie sehen die Folgen einer Bradykardie fürs Herz aus?Bradykardien können im Sport sowohl einen physiologischen als auch einen pathologischen Charakter haben. Durch einen erhöhten Vagotonus bei Ausdauersportlern sind Herzfrequenzen von unter 60/min keine Seltenheit und Symptome bleiben aus.
Da ich selbst Leistungssport betreibe, sehe ich häufiger eine physiologische Bradykardie. Wenn nachts die Pulsuhr am Handgelenk vibriert, weil die Herzfrequenz unter 30/min gesunken ist, werde ich bei meinen Trainingskollegen nicht unruhig. Durch die physiologische Vergrößerung des Herzens mit einem kräftigen Herzmuskel, kann der Körper die Herzfrequenz reduzieren. Allerdings ist gerade im Leistungssport eine regelmäßige sportmedizinische Untersuchung mit einem Ruhe-EKG und einem Herzultraschall sehr wichtig. Bei Symptomen wie Schwindel, Synkopen und einer verminderten Leistungsfähigkeit kann eine Bradykardie an Krankheitswert gewinnen. Dabei zeigen sich meistens folgende abnormale Rhythmen:
Was tun?
Oft ist eine Unterbrechung der sportlichen Belastung für 1-2 Monate das Mittel der Wahl. Die anschließende Reevaluation kann dann bessere EKS-Ergebnisse liefern. Falls eine Borreliose und bradykardisierden Medikamente als reversible Ursache ausgeschlossen werden können, sollte eine Schrittmacherimplantation diskutiert werden. Eine Indikation zur Schrittmachertherapie ist bei symptomatischen Sinusbradykardien (sick sinus syndrom) und symptomatische AV-Überleitungsstörungen (Pausen >3 s oder Herzfrequenzen <40/min) zu stellen.
Dabei gilt: Patienten mit einer normalen Pumpfunktion und normaler Myokardperfusion können alle Sportarten durchführen. Bei Patienten mit einer stabilen Herzinsuffizienz und stabiler Angina pectoris sollte eine mögliche Myokardischämie vermieden werden. Daher sind gering intensive Ausdauerbelastungen für diese Gruppe die Empfehlung. Eine normale Physiologie (adäquate Frequenzreaktion auf Belastung) kann durch die Programmierung des Schrittmachers erreicht werden und die Lebensqualität der Patienten erhöhen.
Wichtig ist bei allen Schrittmacherpatienten, dass von Sportarten mit dem Potential einer direkten Schädigung des Schrittmachersystems sowie von Tauchen und Extrembergsteigen abzuraten ist. Unter anderem sind dadurch Boxen und Wrestling kontraindiziert, wobei in diesen Sportarten generell die Gesundheitsförderung hinterfragt werden sollte.
Im nachfolgenden Artikel werde ich detailliert auf die tachykarde Herzrhythmusstörungen im Zusammenhang mit Sport eingehen. Dabei möchte ich auch das ob schon erwähnte Exercise Paradoxen näher beschreiben.
Quellen:
https://www.thieme-connect.com/products/ejournals/html/10.1055/s-2006-944534
https://link.springer.com/chapter/10.1007/978-3-662-43711-7_21