Standesvertreter sehen in neuen pharmazeutischen Dienstleistungen die Zukunft öffentlicher Apotheken. Doch jetzt machen Aufsichtsbehörden gesetzlicher Krankenkassen Einwände geltend. Der BVpta gibt sich damit nicht zufrieden.
Bereits im September 2014 verabschiedeten Delegierte beim Deutsche Apothekertag in München das Perspektivpapier „Apotheke 2030“. Als eine der zentralen Aufgaben sehen sie das systematische Medikationsmanagement. Fragen zur Vergütung bleiben bislang offen – mit den aktuellen Honoraren wird es nicht getan sein.
Das Bundesversicherungsamt sieht weitere Honorare mit Verweis auf Paragraph 30 des IV. Sozialgesetzbuchs (SGB IV) kritisch: „Die Versicherungsträger dürfen nur Geschäfte zur Erfüllung ihrer gesetzlich vorgeschriebenen oder zugelassenen Aufgaben führen und ihre Mittel nur für diese Aufgaben sowie die Verwaltungskosten verwenden.“ Damit nicht genug: Pharmazeuten dürfen in Einzelverträgen zwischen Kassen und Leistungserbringern nicht als direkte Vertragspartner in Erscheinung treten. Zugelassen sind nur zeitlich begrenzte Verträge oder Konstrukte, in denen die Apotheken lediglich am Rande auftauchen. Einzelprojekte sind jetzt in die Schusslinie geraten.
Mitte 2014 hatten die Techniker Krankenkasse und der Deutscher Apothekerverband vereinbart, Patienten mit Typ 2-Diabetes besondere Leistungen anzubieten. Kollegen der Stammapotheke bewerten im ersten Gespräch Probleme der Gesamtmedikation und besprechen gegebenenfalls erforderliche Maßnahmen. Im zweiten Gespräch vertiefen sie die Inhalte mit Patienten, um möglichst nachhaltige Effekte zu erzielen. Dafür erhalten sie 30 plus 20 Euro. Das Konstrukt beinhaltet aus Sicht des Bundesversicherungsamts zwei Schwachstellen. Einerseits hatten TK-Verantwortliche keine Ausschreibung durchgeführt. Andererseits würden Leistungen vergütet, zu denen Apotheker gesetzlich verpflichtet seien.
Sabine Pfeiffer. Foto: BVpta „Die jüngst bekannt gewordenen Bedenken des Bundesversicherungsamtes gegenüber Verträgen zwischen Krankenkassen und Apotheken zu pharmazeutischen Dienstleistungen erfordern akut die Schaffung neuer rechtlicher Grundlagen“, sagt Sabine Pfeiffer, Bundesvorsitzende des BVpta. „Hier besteht ein offenkundiger Widerspruch zwischen dem politischen Willen und der geltenden Gesetzeslage“, so Pfeiffer weiter. Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) hatte im Rahmen seines E-Health-Gesetzes ab Oktober 2016 Medikationspläne vorgesehen. „Apotheker sind von Anfang an einbezogen und bei Änderungen der Medikation auf Wunsch des Versicherten zur Aktualisierung verpflichtet“, stellt das Bundesgesundheitsministerium klar. Ein Honorar werden sie – im Unterschied zu Ärzten – jedoch nicht erhalten. Umso wichtiger sind Vereinbarungen zwischen GKVen und Verbänden der Apothekerschaft. „Müssten bereits bestehende Verträge aufgrund formaler Probleme aufgehoben werden, könnte sich das erheblich negativ auf die Aufbruchsstimmung auswirken, die derzeit auch bei den gesetzlichen Krankenkassen zu erkennen ist“, so Pfeiffer. Als Leidtragende sieht sie neben pharmazeutischem Personal vor allem Patienten.