Kürzlich verstarb im Bundestaat Victoria ein ungeborenes Baby an Syphilis. Die infizierte Mutter hatte ihr Kind damit angesteckt. In Australien steigt die Zahl an Syphilis-Erkrankten. Jetzt fordert ein Gesundheitspolitiker bestimmte Risikogruppen dazu auf, sich testen zu lassen.
Im australischen Bundesstaat Victoria versucht man Menschen dazu zu bewegen, sich auf Syphilis testen zu lassen. Grund dafür ist ein Anstieg von Syphilis-Fällen. Kürzlich starb ein Baby im Bauch seiner Mutter, weil diese unwissentlich an der STD erkrankt war. Es ist in Victoria seit 14 Jahren der erste Fall einer angeborenen Syphilis, die für das ungeborene Kind tödlich endete, berichtet die australische Zeitung The Age.
In einem offiziellen Schreiben, das der Gesundheitsbeauftragte Dr. Brett Sutton verfasst hat, wird über genaue Zahlen informiert: Im jahr 2017 wurden in Victoria, einem Bundesstaat mit knapp 6 Mio. Einwohnern, 1.340 Fälle registriert – ein Rekordhoch: im Vorjahr waren es noch 1.128 und 2015 nur 949 Fälle. Betroffen waren mit 74 Prozent vor allem homosexuelle Männer.
Aber auch die Zahl an infizierten Frauen nimmt zu: Im Jahr 2015 registrierte man 52 Fälle, 2016 waren es 100 und im Vorjahr 146 Fälle. Bei ihnen besteht ein zusätzliches Risiko. Denn Frauen, die an Syphilis erkrankt sind und schwanger werden, gefährden die Gesundheit oder sogar das Leben ihres Babys. So kam es 2017 zu zwei Fällen angeborener Syphilis, ein Kind verstarb im Mutterleib.
Eine Übertragung des Bakteriums ist ab dem 4. Schwangerschaftsmonat möglich. Davor kann durch die Behandlung der Mutter eine Übertragung verhindert werden. (Kann danach nicht mehr behandelt werden?) In den meisten Fällen kommt es allerdings zu einer Fehlgeburt oder das Neugeborene wird bereits totgeboren. Bei Neugeborenen, die überleben, kommt es zu einer Frühmanifestation der angeborenen Syphilis. Symptome, die bis zur Vollendung des ersten Lebensjahres auftreten, sind Hepatomegalie, Splenomegalie und Pemphigus.
Sutton empfiehlt ein groß angelegtes Screening-Programm. Alle Männer, die Sex mit Männern haben, sollten zumindest jährlich auf Syphilis getestet werden und öfter, wenn sie ungeschützten Sex, Gruppensex oder Sex mit sehr vielen Partnern haben, so die Gesundheitsbehörde. Alle Frauen im gebärfähigen Alter sollten ebenfalls gescreent werden, auch alle Schwangeren und zwar im Rahmen ihrer ersten Schwangerschaftsuntersuchung.
Des weiteren sollten beim Screening Prostituierte berücksichtigt werden, außerdem Menschen, die häufig den Geschlechtspartner wechseln sowie Reisende, die aus Ländern mit vielen Syphilis-Fällen zurückkehren. Laut Sutton seien die meisten der Screening-Ratschläge bereits bekannt, würden aber nicht unbedingt befolgt. Neu ist die Empfehlung, zusätzliche Tests während der Schwangerschaft durchzuführen.
Einer von vielen möglichen Gründen für die wachsende Zahl an Syphilis-Erkrankten könnte laut Sutton ein Gesellschaftswandel sein, der sich durch die Verbreitung vermehrte Nutzung von sozialen Medien entwickelt hat: „Vielleicht gibt es mittlerweile eine Dynamik in Hinsicht auf unverbindlichen Sex, die vor 20 Jahren noch anders war, für junge Menschen war es damals womöglich mit mehr Bemühungen verbunden, eine Vielzahl an Sexualpartnern zu treffen,“ wird er in der Zeitung The Age zitiert.
Ein weiterer Punkt: Durch die guten Behandlungsmöglichkeiten des HI-Virus könnten die Bedenken gegen ungeschützten Sex nachlassen, befürchtet Sutton. „Wir sehen hier einen Abwärtstrend bei der Verwendung von Kondomen in der Hochrisikogruppe in den letzten Jahren,“ gibt Sutton zu bedenken.
Auch hierzulande steigt die Zahl der Syphilis-Erkrankten deutlich an: Im Jahr 2016 waren es laut RKI 6.834 Fälle – 19 Prozent mehr als im Jahr davor. In Nordrhein-Westfalen etwa hat sich die Zahl der Fälle seit 2002 von 604 auf 1.797 im Vorjahr verdreifacht. Nach Angaben der Aidshilfe Köln kommt es zu mehr als 7.000 Neudiagnosen von Syphilis pro Jahr.
Bei Verdacht auf eine Erkrankung besteht die Möglichkeit, sowohl einen Syphilis-Schnelltest als auch einen Labortest zu machen. Viele Erkrankte wissen jedoch lange nichts von ihrer Infektion, die Syphilis verläuft häufig symptomlos oder die Symptome werden nicht wahrgenommen. Somit wäre es auch in Deutschland notwendig, die Syphilis stärker ins Bewusstsein der Bevölkerung zu rücken, damit sich mehr Menschen testen lassen.
Syphilis-Testungen 2010-2015, erfasst von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung
In Deutschland werden Schwangere üblicherweise berücksichtigt, wenn es um das Testen von Syphilis geht. In der Regel wird zu Beginn der Schwangerschaft ein Serologisches Screening durchgeführt, in dem auch das Lues-Bakterium getestet wird.
Artikel von Mijou Zimmermann