Wann ist jemand wirklich „ausgebrannt“? Ein Burnout-Syndrom zu diagnostizieren, gestaltet sich oft schwierig, da es keine Einheitlichkeit im Beschwerdebild gibt. Was sind mögliche Ursachen für ein Burnout und welche Therapiemöglichkeiten gibt es? Die Antworten findest du hier.
Schnell, schneller, am schnellsten! Das Phänomen der Beschleunigung gilt als Sinnbild der heutigen Zeit. Selten nahmen die Worte „Stress“, „Überforderung“ und „Zukunftsangst“ so viel Raum in unserer Gesellschaft ein. Immer mehr Deutsche fühlen sich erschöpft und ausgebrannt. Wissenschaftler, wie der Soziologe Prof. Hartmut Rosa, sehen die erhöhten Leistungsanforderungen in der Arbeitswelt und die steigenden Ansprüche des Bürgers an sich selbst für die Ursachen von Burnout.
Klassifizierung für Arzt und Patienten schwierig
Der Begriff Burnout, zu deutsch „ausbrennen“, beschreibt eine Form der emotionalen Erschöpfung, welche mit einer verminderten Arbeitsleistung und einer andauernden Arbeitsüberforderung einhergeht. Nach ICD-10 gelten die Beschwerden, die Burnout mit sich bringt, allerdings nicht als Krankheit, sondern werden viel mehr als Faktoren angesehen, die das psychische und physische Befinden beinträchtigen können. Ärzte nehmen deshalb zur Diagnose häufig den ICD-10-Code Z73, der für „Probleme mit Bezug auf Schwierigkeiten bei der Lebensbewältigung“ steht. Ein Grund für die bisher noch ausstehende einheitliche Klassifizierung als Krankheitsbild ist auch, dass es keine Einheitlichkeit im Beschwerdebild gibt. Burnout-Betroffene, Ärzte und Therapeuten umschreiben die Symptome mit häufiger Abgeschlagenheit, Erschöpfung, aber auch mit innerlicher Anspannung, Nervosität und gelegentlich sogar mit einer erhöhten Reizbarkeit und Aggressivität.
Burnout und Depression sind Diagnosen, die häufig fälschlicherweise gleichgesetzt und äquivalent verwendet werden. Im Gegensatz zum Burnout, welcher sich schubweise in zeitlichen Phasen bemerkbar macht, wird die Depression als ein andauernder Zustand beschrieben. Depressionen können auch die primäre Erkrankung sein und der Burnout kann sich erst in Folge dessen, als Gefühl des ausgebrannt sein, einstellen. Während das Burnout-Syndrom im Allgemeinen eher „kontext-bezogen“ ist und sich häufig auf das Berufsleben bezieht, wird die Depression hingegen als „kontext-frei“ und allumfassend angesehen.
Stressfaktor Job
Nicht selten sind Menschen mit den an sie gestellten Anforderungen als Arbeitnehmer überfordert. Leistungsdruck, zwischenmenschliche Spannungen im Job, Angst vor dem Verlust des Arbeitsplatzes und das Gefühl, dass der persönliche Erfolg an quantifizierbaren Faktoren (z.B. an der Höhe des Einkommens) gemessen wird, tragen zur Belastung bei. Es lässt sich jedoch nicht festhalten, dass Berufe, die objektiv als belastend wahrgenommen werden, eher zum Burnout führen. Vielmehr geht es um die persönlich wahrgenommene Diskrepanz zwischen den eigenen Ansprüchen und der wahrgenommenen Leistung. Außerdem gibt es bestimmte Persönlichkeitsstile, denen man nachsagt, dass sie eher dem Risiko ausgesetzt sind „auszubrennen“: Perfektionisten, Selbstzweifler, Harmoniesuchende und Kontrollierende. Generell sind Menschen mit einem gesunden Selbstwertgefühl weniger abhängig von der Anerkennung anderer und damit weniger gefährdet, an den Anforderungen an sich selbst zu zerbrechen.
Folge einer Burnout-Erkrankung ist eine drastisch reduzierte Lebensqualität. Es kommt zum Teufelskreis: Der Betroffene nimmt sich selber als nicht leistungsfähig genug wahr, was eine gedrückte Stimmung und eine tatsächlich reduzierte Arbeitsleistung zur Folge haben kann. Eine Krankschreibung hat häufig nicht den erwünschten, entlastenden Effekt, sondern trägt mittelfristig zu einer weiteren Verschärfung der zugrundeliegenden beruflichen Konfliktsituation bei. Laut aktuellen Schätzwerten von Krankenkassen und Gesundheitsexperten, liegt die Zahl an Arbeitnehmern in Deutschland, die von Burnout betroffen sind, bei 13 Millionen. Das resultierte im Jahr 2010 bereits in knapp 10 Millionen krankgeschriebenen Arbeitstagen und einem Bruttowertschöpfungsverlust von 71 Milliarden Euro.
Selbstwertgefühl ist das A und O
Prävention und Therapie zielen darauf ab, die Strategien der Betroffenen im Umgang mit Belastungen zu verbessern und Entlastungsmöglichkeiten zu schaffen. Dazu zählen Entspannungstechniken, Reflexion und die Umstellung des eigenen Alltags zugunsten einer gesunden Work-Life-Balance.
Als Therapiemöglichkeiten kommen eine Verhaltenstherapie oder eine tiefenpsychologisch fundierte Therapie in Frage. Bei der Verhaltenstherapie sollen die Patienten lernen, die Erwartungshaltung an sich selbst und den daraus resultierenden Druck zu regulieren. Beim tiefenpsychologischen Ansatz geht es primär um die Stärkung des eigenen Selbstwertgefühls. Das ist entscheidend, damit man seinen eigenen Wert nicht nur aus extern generierter Anerkennung und Erfolg im Beruf schöpft. Eine Therapie kann entweder rein ambulant durchgeführt werden oder durch einen mehrwöchigen stationären Aufenthalt ergänzt werden. Während des Aufenthalts lernen die Patienten Entspannungstechniken und nehmen an psychotherapeutischen Maßnahmen teil. Als medikamentöse Ergänzung des Therapieansatzes werden häufig Johanniskraut-Präparate oder Serotonin-Wiederaufnahmehemmer verabreicht.
Quellen:
https://www.geo.de/magazine/geo-wissen/18952-rtkl-gesundheit-burnout-entsteht-nicht-dadurch-dass-man-zu-viel-zu-tun-hat
https://www.destatis.de/DE/ZahlenFakten/GesellschaftStaat/Gesundheit/Glossar/Burnout.html
http://www.spiegel.de/kultur/literatur/hartmut-rosa-beschleunigung-und-entfremdung-a-908140.html
https://www.zeit.de/karriere/beruf/2014-06/wichtigste-fragen-burn-out
https://www.neurologen-und-psychiater-im-netz.org/psychiatrie-psychosomatik-psychotherapie/erkrankungen/burnout-syndrom/geschichte-und-abgrenzung/
https://www.vigo.de/de/behandeln/krankheiten/psychische_erkrankungen_1/burnout/burnout___wie_sieht_die_therapie_aus_.html
http://www.muenchener-institut.de/beratung-fuer-unternehmen/zahlen-daten-fakten/