In Teil I der Reihe „Medizin studieren mit Kind“ geht es um die Rechte studierender Mütter und schwangerer Frauen. Wie viele Urlaubssemster können sie beantragen? Unter welchen Umständen kann die BAföG-Finanzierung verlängert werden? Teil II widmet sich finanziellen Aspekten rund um Elterngeld, Kindergeld und Sozialhilfe.
Etwa fünf Prozent der Studierenden in Deutschland haben ein Kind. Sie sind oft einer Mehrfachbelastung aus Studium, Kinderbetreuung und Erwerbsarbeit ausgesetzt. Seit 01.01.2018 fallen daher auch Schülerinnen und Studentinnen unter das Mutterschutzgesetz.
Für die Erziehung eines Kindes können sich die Eltern (auch abwechselnd) im Studium bis zu sechs Semester beurlauben lassen. Im Immatrikulationsamt sollten dafür Geburtsurkunde und gegebenenfalls die Sorgerechtserklärung vorgelegt werden. Der Antrag muss jedes Semester neu gestellt werden. Achtung: Studenten verlieren während ihrer Urlaubssemester nicht nur den Anspruch auf Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG), sondern auch den eigenen Anspruch auf Kindergeld.
Mittlerweile bieten rund 50 Studentenwerke über 200 Kindertageseinrichtungen für Kinder ab der Geburt an. Die Studentenwerke sind Träger dieser Einrichtungen oder unterstützen externe Träger durch die unentgeltliche Bereitstellung von Räumen oder finanzielle Zuwendungen. Sie informieren über Platzvergabe und Bewerbungsmodalitäten, die von Standort zu Standort deutlich variieren können. Über Betreuungsmöglichkeiten außerhalb der Hochschulen geben die Kommunen – oftmals die Jugendämter – Auskunft.
Die Organisation des Alltags zwischen Hörsaal und Spielplatz ist die eine Seite der Medaille. Die größte Sorge bereitet Studierenden mit Kind jedoch die Finanzierung des Lebensunterhaltes – insbesondere, wenn beide Elternteile studieren. Studierende, die nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) gefördert werden, sollten sich zeitnah mit ihrem zuständigen BAföGAmt in Verbindung setzen, da es zahlreiche Sonderregelungen für Schwangere und Auszubildende mit Kindern gibt.
Grundsätzlich fließt die Förderung nur, solange die Ausbildung tatsächlich absolviert wird. Studentinnen, die ihrer Ausbildung aufgrund einer Schwangerschaft nicht nachgehen können, sind von dieser Regelung ausgenommen – jedoch nicht über das Ende des dritten Kalendermonats der schwangerschaftsbedingten Ausbildungsunterbrechung hinaus (§ 15 Abs. 2a BAföG). Ansonsten wird die Förderung eingestellt. Eine Wiederaufnahme zu einem späteren Zeitpunkt ist grundsätzlich möglich, sollte aber möglichst vor der Unterbrechung mit dem BAföG-Berater besprochen werden.
Für BAföG-Empfänger, die mit mindestens einem eigenen Kind in einem Haushalt leben, erhöht sich der Bedarfssatz um monatlich 130 Euro für jedes Kind (§ 14 b BAföG). Voraussetzung: Das Kind darf das zehnte Lebensjahr noch nicht vollendet haben. Der Kinderbetreuungszuschlag wird für denselben Zeitraum nur einem Elternteil gewährt. Erfolgt die Studienförderung als Bankdarlehen, wird der Betreuungszuschlag auch dann als Zuschuss gewährt (§ 17 Abs. 2 Nr. 3 BAföG).
Gemäß § 15 Abs. 3 Nr. 5 BAföG kann die Förderung über die Förderungshöchstdauer hinaus für eine „angemessene Zeit“ gewährt werden, wenn Schwangerschaft und Kindererziehung/-pflege ursächlich für die Studienzeitverlängerung sind. Dass muss nachgewiesen werden.
Als „angemessen“ gelten folgende Verlängerungszeiten:
Die Verlängerungszeiten können auf beide studierenden Elternteile verteilt werden. Sie werden vollständig als Zuschuss gewährt, die BAföG-Schulden werden dadurch nicht erhöht.
Das BAföG wird zur Hälfte als Zuschuss und zur Hälfte als unverzinsliches Darlehen gewährt. Für Alleinstehende oder Eheleute mit Kind gelten jedoch besondere Rückzahlungsregelungen. Auf Antrag erhalten sie bei der Rückzahlung unter bestimmten Voraussetzungen erweiterte Möglichkeiten einer Darlehensermäßigung oder eines Darlehenserlasses. Außerdem können Alleinstehende auf Antrag die Kinderbetreuungskosten gem. § 18 a Abs. 1 BAföG geltend machen. Über die genauen Modalitäten geben die zuständigen BAföG-Ämter Auskunft.
Teil II der Reihe „Medizin studieren mit Kind“ widmet sich finanziellen Aspekten rund um Elterngeld, Kindergeld und Sozialhilfe. Ausführlichere Informationen gibt es in den Merkblättern „Medizin studieren mit Kind“ und „Mutterschutz, Elternzeit und Elterngeld“ des NAV-Virchow-Bundes (zu den Leseproben).
Andrea Schannath, Justiziarin des NAV-Virchow-Bundes, berät Mitglieder kostenlos zu den allen rechtlichen Fragen rund um die Arbeit als niedergelassener Arzt. Im Praxisärzte-Blog stellt sie echte Fälle aus ihrem Beratungsalltag vor.
Weitere Infos:
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