„Scheinselbstständigkeit“ kommt in vielen Arztpraxen und Krankenhäusern vor – oft, ohne dass es den Betroffenen bewusst ist. Unsere Kolumnistin RA Andrea Schannath erklärt Ihnen die Unterschiede zwischen echten Selbstständigen und Angestellten, und was Sie tun können, um bei Mischformen nicht in rechtliche Fallen zu tappen.
Scheinselbstständigkeit bedeutet, dass jemand laut Vertrag als externer Dienstleister zum Beispiel für ein Krankenhaus oder eine Arztpraxis tätig ist – in Wirklichkeit aber wie ein regulärer Angestellter arbeitet. Das könnte eine Ärztin sein, die als „freie Mitarbeiterin“ in einer Praxis aushilft, oder ein Physiotherapeut, der im Auftrag des Praxisinhabers zusätzliche Leistungen für die Patienten erbringt.
Sowohl Arbeitgeber (in unserem Fall der Praxisinhaber) als auch Arbeitnehmer (etwa die angestellte Ärztin) sollten unbedingt die Kriterien für die abhängige und selbständige Tätigkeit kennen. Denn wer den Mitarbeiterstatus falsch einschätzt, dem drohen erhebliche finanzielle und rechtliche Risiken.
Was unterscheidet Selbstständige und abhängig Beschäftigte?
Ob ein Arbeitnehmer selbstständig oder abhängig beschäftigt ist, lässt sich mit einer kurzen Checkliste überprüfen. Kreuzen Sie einfach jene Aussagen an, die besser auf das Arbeitsverhältnis passen. Je nachdem, in welcher Spalte Sie mehr Häkchen setzen, ist das Arbeitsverhältnis mehrheitlich selbstständig oder abhängig.
In meiner Arbeit bin ich bzw. kann ich:
abhängig beschäftigt
selbstständig
Beim Punkt „Weisungsgebundenheit“ sind Ärzte sind ein Sonderfall. Sie üben einen freien Beruf aus und unterliegen in ihren eigentlichen ärztlichen Tätigkeiten niemals Weisungen – auch wenn sie angestellt sind. Daher kommt es darauf an, inwieweit sie in eine fremde Arbeitsorganisation (etwa in ein Krankenhaus) eingegliedert sind. Not(dienst)ärzte und Hubschrauberärzte sind zum Beispiel in der Regel abhängig beschäftigt. Dasselbe gilt für Honorarärzte, die auf der Grundlage eines Honorarvertrages in einer stationären Einrichtung tätig sind.
Wichtig: Für die Sozialgerichte entscheidet weniger, was im Vertrag steht, sondern wie die Zusammenarbeit tatsächlich umgesetzt wird. Ist der Mitarbeiter laut Vertrag selbstständig, in der Realität allerdings größtenteils abhängig, handelt es sich um Scheinselbstständigkeit. Und die kann für den Arbeitgeber teuer werden.
Folgen einer Scheinselbständigkeit
Es ist nicht unwahrscheinlich, dass die Sozialversicherung prüft, ob der vermeintliche Dienstleister nicht doch eher ein Mitarbeiter ist. Auffliegen kann eine Scheinselbstständigkeit aber auch, wenn der Vertrag beendet wird und der Dienstleister eine Kündigungsschutzklage beim Arbeitsgericht einreicht. In diesem Fall ist die Kündigung möglicherweise unwirksam und es drohen Nachforderungen der Sozialversicherungsträger.
Der bisherige Auftraggeber, der dann tatsächlich Arbeitgeber ist, muss die Arbeitgeber- und Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung nachzahlen – und zwar für bis zu vier Jahre zuzüglich Säumniszuschläge von 1 % pro Monat. Auch die Lohnsteuer muss rückwirkend bezahlt werden. Wegen Vorenthaltung von Beiträgen zur Sozialversicherung gemäß § 266a Strafgesetzbuch droht ihm außerdem ein Strafverfahren.
TIPP: Sind Sie unsicher, wie die Beschäftigung einzuordnen ist, können Sie bei der Clearingstelle der Deutschen Rentenversicherung Bund (ehemals BfA) einen Antrag stellen, um den Status zu klären. Als Mitglied des NAV-Virchow-Bundes können Sie außerdem auf persönliche Rechtshilfe vertrauen. Mit unseren Arbeitsverträgen für angestellte Ärzte, MFA und externe Dienstleister sind Sie sowohl als angestellter Arzt als auch als Praxisinhaber auf der sicheren Seite.
Andrea Schannath leitet die Rechtsberatung des Verbandes der niedergelassenen Ärzte (NAV-Virchow-Bund). Sie berät Mitglieder zu juristischen Fragen rund um den Arztberuf. Im DocCheck-Blog des Verbandes der niedergelassenen Ärzte gibt sie wertvolle Tipps für niedergelassene Ärzte. Möchten Sie mehr davon? Werden Sie Mitglied im Verband der niedergelassenen Ärzte – unser Service lohnt sich garantiert für Sie!
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