MVZ-Ärzte sind zufriedener als selbstständige Ärzte, haben aber mehr Papierkram zu erledigen und versorgen weniger Patienten. Das MVZ sowohl Licht als auch Schatten für Ärzte und Patienten bringen, zeigen die Ergebnisse des Ärztemonitors 2018.
85 Prozent der Ärztinnen und Ärzte, die in einem medizinischen Versorgungszentrum (MVZ) arbeiten sind sehr zufrieden oder eher zufrieden. Generell gilt: je größer die Einrichtung, desto zufriedener sind die Ärzte. In Einzelpraxen sind immerhin noch 75 % (sehr) zufrieden.
Die Zahlen stammen aus dem Ärztemonitor, der deutschlandweit größten repräsentativen Befragung von niedergelassenen Ärzten im Auftrag des Verbandes der niedergelassenen Ärzte (NAV-Virchow-Bund) und der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV).
Die Zufriedenheit mit den Arbeitsbedingungen ist insgesamt hoch und liegt bei 78 %. Die Befragung hat allerdings ergeben: Je mehr Patienten Ärzte pro Tag behandeln, desto unzufriedener sind sie. Und der Ärztemonitor zeigt auch: angestellte Ärzte und MVZ-Ärzte behandeln deutlich weniger Patienten pro Tag als selbstständige Ärzte in Einzel- oder Gemeinschaftspraxen.
In Teilzeit tätige Ärzte sind mit 88 % zufriedener als ihre Vollzeit arbeitenden Kollegen (77 %). Auch hier haben die MVZ die Nase vorn, denn in Einzelpraxen arbeiten 90 % der Ärzte in Vollzeit, in MVZ nur 50%.
Schattenseiten: Mehr Bürokratie und weniger Patienten
Unter Belastung durch Bürokratie leiden dafür MVZ-Ärzte stärker: Sie müssen durchschnittlich 8,2 Wochenstunden mit Verwaltungsarbeit verbringen. Ärzte, die in eigener Praxis tätig oder in einer Praxis angestellt sind, wenden nur 7,4 Stunden pro Woche auf. Die Mär von der verwaltungsarmen Arbeit in MVZ stimmt also nicht.
Der NAV-Virchow-Bund setzt sich seit jeher für eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen für selbstständige und angestellte Haus- und Fachärzte ein. Denn gerade für den ärztlichen Nachwuchs ist die Anstellung in einer Praxis oder einem MVZ eine attraktive Einstiegsmöglichkeit in die Niederlassung.
Weil allerdings MVZ-Ärzte weniger lange arbeiten und weniger Patienten versorgen, bedeutet das gleichzeitig, dass weitaus mehr Ärzte gebraucht werden. Oder anders gesagt: ohne die Einzelpraxis und die Gemeinschaftspraxis lässt sich die Versorgung nicht aufrechterhalten.
Bedrohung durch Renditejäger
Ein weiteres Problem: Investoren und Klinikkonzerne entdecken MVZ als Renditebringer. Mittlerweile gibt es bereits MVZ mit fünfzig und mehr Arztsitzen, die eher auf Gewinnmaximierung als auf eine flächendeckende Grundversorgung ausgelegt sind. Dank finanzstarker Geldgeber im Hintergrund können solche MVZ Arztsitze zu enormen Preisen aufkaufen. Praxisabgeber freuen sich darüber, aber junge Kollegen, die sich niederlassen wollen, werden durch diese Konkurrenz verdrängt. Sie finden schlicht keine leistbare Praxis mehr, die sie übernehmen könnten.
Diesem dramatischen Missstand will der NAV-Virchow-Bund einen Riegel vorschieben. „MVZ müssen unter ärztlicher Leitung bleiben. Aus den Kliniken wissen wir, was es heißt, wenn die Versorgung von BWLern gesteuert wird, anstatt von denen, die sich tagtäglich um die Patienten kümmern“, fordert Dr. Dirk Heinrich, der Bundesvorsitzende des NAV-Virchow-Bundes.
Gebt die MVZ den Ärzten zurück
Gemeinsam mit den politischen Entscheidern diskutiert der Verband derzeit, wie die MVZ besser geschützt werden können. Das Maßnahmenpaket könnte zum Beispiel eine Höchstgrenze an Arztsitzen oder -köpfen beinhalten. Der Ärztliche Leiter eines MVZ soll Vertragsarzt sein und ab drei angestellten Ärzten in Vollzeit im MVZ arbeiten. Außerdem muss er Mitglied der Geschäftsführung sein.
Neugründungen sollen nur noch in der Rechtsform der gGmbH möglich sein: als „gemeinnützige Gesellschaft mit beschränkter Haftung“. Der Unterschied zur üblichen GmbH: Der gemeinnützige Zweck wird in der Satzung verankert. Gewinne dürfen nicht an die Gesellschafter ausgeschüttet werden, sondern müssen unmittelbar dem Geschäftszweck zugeführt werden. Außerdem müssen alle Gehälter in Relation zur erbrachten Leistung stehen.
Mit diesen Vorschlägen will der Verband der niedergelassenen Ärzte wieder Wettbewerbsgleichheit zwischen niederlassungswilligen Ärzten und finanzstarken Investoren herstellen.
Sie sind niedergelassene Ärztin oder niedergelassener Arzt, in eigener Praxis oder angestellt? Dann nutzen auch Sie die vielen Vorteile, die der NAV-Virchow-Bund für Sie bietet – zum Beispiel individuelle Rechtsberatung, Musterverträge und Knowhow rund ums Praxismanagement.
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