Die USA stecken tief in der Opioid-Krise: Zu häufig werden opioidhaltige Schmerzmittel verschrieben. Auch in Deutschland nehmen die Verordnungen der gefährlichen Analgetika bei Muskel- oder Gelenkschmerzen zu, so der Eindruck von Dr. Tobias Weigl.
Das Video in schriftlicher Ausführung: Dr. Tobias Weigl, Arzt und Schmerztherapeut: „Die im Frühjahr 2018 erschienene SPACE-Studie aus den USA vergleicht den Einsatz von Opioiden und nichtopioiden Analgetika bei Kreuz- oder Rücken-, Hüft- und Knieschmerzen. Dabei wurde untersucht, wie die Wirkung dieser beiden Medikamentengruppen zueinander ist in Bezug auf Schmerz – auch auf Lebensqualität, Bewegung, etc. Der Patientengruppe mit Opioiden wurde in der ersten Stufe Morphin, Oxycodon etc. gegeben, als nichtretardiertes Präparat. In der zweiten Stufe dann als ein retardiertes Präparat und dann noch weiter eskaliert in der dritten Stufe mit einem Fentanyl-Pflaster. Auch ich spreche zunehmend mit Patienten, die bei Muskel- oder Gelenkschmerzen Opioide verschrieben bekommen. Immer häufiger und immer öfter. Ob das nun ein Trend ist oder ein subjektives Empfinden von mir, kann ich nicht genau beurteilen. Bekannt ist ja gerade aber auch die Opioid-Epidemie in den USA. Ganz wichtig aber: Studien, wie diese SPACE-Studie sind von großer Bedeutung.
Die besagt, dass:
Dennoch – und das sagen auch die Studienautoren – kann man keine klaren Empfehlungen treffen, ob die nichtopioiden Analgetika stärker gefühlt, also subjektiv für den Patient wahrnehmbar, klinisch relevant die Schmerzen reduzieren als die Opioide. Statistisch ja, aber ob klinisch relevant weiß man nicht genau.
Die Leitlinie für unspezifischen Rückenschmerz aus dem Oktober 2017 besagt, dass NSAR die Erstmedikamente sind. Die Verwendung von Opioiden ist, unter strikten Auflagen, leicht erweitert worden. Ebenso von Metamizol und andere Medikamentengruppen. Paracetamol oder Antidepressiva sollen weniger verwendet werden. Die Leitlinie für Gonathrose aus dem Januar 2018 besagt ebenfalls ganz klar: Erstmedikamente sind die NSAR. Opioide nur in Ausnahmesituationen verwenden, wenn es z.B. sehr starke Schmerzen sind oder nicht operabel ist (Gonarthrose). Oder auch begleitend zu einer Operation. Ganz wichtig hier: Immer die niedrigst mögliche Dosierung verwenden.
Opioide bei muskuloskelettalen Schmerzen und Gelenkschmerzen nicht verwenden, nur in Ausnahmesituationen oder Ausnahmefällen. Und ob die Wirkung dann ausreichend ist oder bzw. ob eine Wirkung besteht, ist fraglich. Interessant ist dabei auch noch, dass im Frühjahr 2018 eine Studie zu Zahnschmerzen geführt wurde. Gerade bei Zahnschmerzen ist es in den USA so, dass zunehmend Opioide verschrieben werden bzw. in den letzten Jahren verschrieben wurden. Da zeigt sich ganz klar, dass NSAR bzw. Paracetamol überlegen gegenüber den Opioiden sind und hier keine Opiate bzw. Opioide verschrieben werden sollten. Was sind nun die typischen Einsatzfelder von Opioiden – weil es ja dennoch sehr wichtige und potente Schmerzmittel sind:
Ganz wichtig ist bei der Schmerztherapie mit Opioiden immer die Orientierung am WHO-Stufenschema, also der drei Stufen. Daran kann man sich immer sehr gut orientieren.“