Über den Einsatz von hormoneller Ersatztherapie in den Wechseljahren herrscht bis heute Uneinigkeit in medizinischen Fachkreisen. Helfen die Präparate gegen chronische Erkrankungen oder gefährden sie das Leben der Patientinnen mit steigendem Risiko für Mamma- und Ovarialkarzinome? In einer Empfehlung des USPSTF wurden mehrere Studien ausgewertet und ein abschließendes Fazit gezogen.
Seit 2002 hat die Hormonersatztherapie aufgrund einer fehlinterpretierten Studie der Women’s Health Initiative (WHI) mit einem negativen Ruf zu kämpfen. In dieser Studie wurden gesundheitliche Risiken mit den hormonellen Präparaten in Zusammenhang gebracht und Frauen entschieden sich trotz belastender Symptome gegen die Behandlung.
Heute heißt es: Entwarnung. Die Autoren der damals vorzeitig beendeten Studie rücken die jahrelange Fehlinterpretation ins rechte Licht. Bei den zuerst als kollektiv negativ bewerteten Folgen der Estrogen- und Gestagentherapie, wie zum Beispiel erhöhtes Brustkrebs-, Infarkt- und Thromboserisiko, müssen Unterschiede in der Alterstruktur berücksichtigt werden. Die Studienteilnehmerinnen mit einem durchschnittlichen Alter von 63 Jahren hatten die Menopause meist schon hinter sich und waren zudem meist medizinisch vorbelastet. Aus diesem Grund kamen die vermeintlich ernüchternden Ergebnisse zustande. Jüngere Frauen zwischen 50 und 59 zeigten jedoch bei der Behandlung mit Hormonersatztherapie eine geringere Mortalitäts – und Diabeteserkrankungsrate. Hier überwog schließlich der Nutzen der Therapie die Risiken.
Die aktuelle Leitlinie der Hormontherapie (HT) in der Peri- und Postmenopause der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe wird zur Zeit aktualisiert und soll voraussichtlich Mitte dieses Jahres veröffentlicht werden. Wir geben eine kurzen Überblick rund um die Verwirrung des Einsatzes hormoneller Substitutionspräparate zur Behandlung von Hitzewallungen, Osteoporose und Co.
Bioidentische Hormontherapie vs. synthetische Hormone
Die Unterscheidung zwischen Bio– oder humanidentischen und synthetischen Hormonen ist umstritten, wird aber in letzter Zeit von unterschiedlichen Heilberuflern empfohlen. Bioidentische Hormone haben die gleiche Struktur wie körpereigene Hormone. Durch Entnahme von pflanzlichen Stoffen, sogenannter Phytohormone, und anschließender Labortechnik besitzen sie die gleichen chemischen Strukturformeln. Im Gegensatz dazu stehen synthetische Hormonderivate, welche an den gleichen Rezeptor binden, aber in ihrer Struktur leicht verändert sind. Sie bilden die handelsüblichen Präparate, wie sie auch in der Anti-Babypille und Hormontherapie enthalten sind. Es muss allerdings erwähnt werden, dass Östrogen auch in synthetischen Produkten als 17β-Estradiol enthalten ist – also als im Körper produzierte Form.
In den letzten Jahren wurden bioidentische Hormone, unter anderem bekannt durch die „Rimskus-Methode“, von immer mehr verschreibenden Ärzten als natürlichere Therapie beworben. Ob sie tatsächlich eine bessere Alternative darstellen - denn auch die Verabreichung unterscheidet sich von den bekannten Produkten - darüber sind sich Fachkräfte uneinig.
Elementar bei der Behandlung von Wechseljahrbeschwerden bleibt die ausgewogene Kombination aus Östrogen und Gestagen, um starke Nebenwirkungen zu vermeiden und das Krebsrisiko zu senken. Die Kombinationspräparate von Pharmaunternehmen mit synthetischen Hormonen müssen dabei klinische Studien unterlaufen, welche im Folgenden ausgewertet wurden.
Empfehlungen von Experten
Aus Daten von 18 ausgewählten Studien nimmt die amerikanische USPSTF (US Preventive Task Force) Stellung zur präventiven Verordnung der Hormonersatztherapie. Wichtig: Bei der Bewertung ging es nicht um die Behandlung von Symptomen im Klimakterium.
Der Entschluss lautet: Kombiniertes Östrogen und Gestagen hat für die meisten postmenopausalen Frauen mit gesunder Gebärmutter als primäre Prävention chronischer Krankheiten (wie Osteoporose) keinen Nutzen. Ebenso konnte bei Frauen mit einer Hysterektomie und der Therapie nur mit Östrogen kein Nutzen nachgewiesen werden. Doch wie sieht es bei Frauen aus, bei denen eine Behandlung von Beschwerden wie Hitzewallungen, Schlafstörungen, vaginale Trockenheit und Atrophie empfehlenswert ist? In dem Fall geht es nicht um Prävention, sondern Behandlung der Symptome und damit ist die Bewertung hier nicht übertragbar. Das durchschnittliche Alter, in dem Frauen in die Menopause einsteigen, liegt bei 51,3 Jahren. Zur Bewertung der gefürchteten Risiken der Hormonersatztherapie sollte das 18- jährige Follow-up der WHI-Studie beachtet werden. Hierbei wurde die Mortalität anhand einer langjährigen Behandlungs- und Placebogruppe beobachtet. In der Behandlungsgruppe wurden entweder konjugierte equine Östrogene plus Medroxyprogesteronacetat für durchschnittlich 5,6 Jahre oder Östrogen alleine für einen Median von 7,2 Jahren gegeben. Schlussfolgerungen ergeben, dass es während des Follow-ups keine Verbindung zwischen der Verabreichung der Hormonen und Mortalität, verursacht durch Herzkreislauf-Erkrankungen, Krebs oder anderen Gründen, festgestellt werden konnte.
Die unterschiedlichen Schlagzeilen, Verwirrungen über Studienergebnisse und Fehlinterpretationen untermauern die Notwendigkeit zukünftige Ärzte-Generationen besser in der Beratung von Patientinnen im Klimakterium auszubilden. Die individuelle Beurteilung nach Beschwerdebild und (Kontra)Indikationen bei Wechseljahrbeschwerden und Östrogenmange ist entscheidend bei der Verordnung der Hormonersatztherapie.
Quellen:http://www.awmf.org/leitlinien/detail/anmeldung/1/ll/015-062.html
https://www.dggg.de/start/presse-news/pressemitteilungen/mitteilung/autoren-der-whi-studie-bedauern-fehlinterpretation-von-studiendaten-114/
http://www.dr.rimkus.ike.de/cgi-bin/show/show.pl?page=F_rFrauen
https://jamanetwork.com/journals/jama/fullarticle/2665782?resultClick=1#178504955
https://jamanetwork.com/journals/jama/article-abstract/2653735