Nahrungsergänzungsmittel pflanzlichen Ursprungs gelten als ungeliebte Konkurrenz von OTCs. Hersteller schmücken sich nur allzu gerne mit werblichen Aussagen. Jetzt fordert der BAH, Verstöße gegen Health Claims konsequenter zu ahnden.
Unzulässige Gesundheitswerbung kommt nicht nur, wie kürzlich vor Gericht entschieden, bei Kinderpudding vor. Hersteller pflanzlicher Nahrungsergänzungsmittel schmücken sich auch nur allzu gerne mit prägnanten Aussagen, obwohl es juristisch nichts zu deuten gibt. Die europäische Health-Claims-Verordnung gilt seit Ende 2006. Ziel von Politiklern war unter anderem, Verbraucher vor irreführenden, wissenschaftlich nicht belegten Angaben zu schützen. Dazu gehören auch Werbebotschaften. Mittlerweile hat die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit rund 200 Claims zugelassen. Doch es gibt Ausnahmen.
Theoretisch greift die Health-Claims-Verordnung auch bei Nahrungsergänzungsmitteln. Botanicals scheinen hier die wenig rühmliche Ausnahme zu bilden: Seit 2010 gibt es praktisch keine weiteren Prüfungen aller schätzungsweise 2.000 verwendeten Aussagen. Laut Bundesverband der Arzneimittelhersteller (BAH) prüfe die Europäische Kommission sogar, ob Botanicals nicht dauerhaft ausgespart werden könnten. Grund genug für BAH-Experten, von der EU eine konsequente Umsetzung der Health-Claims-Verordnung für Botanicals zu fordern.
Der Verband stellt sich damit hinter die Hersteller pflanzlicher Arzneimittel und kritisiert einen „existenzgefährdenden Wettbewerbsnachteil“, sollten Produkte weiterhin mit ungeprüften Werbebotschaften auf den Markt gelangen. Laien kennen den Unterschied zwischen Phytopharmaka und Nahrungsergänzungsmitteln nur selten. „Letztlich schaden sie dem Image der pflanzlichen Arzneimittel und schwächen ihre wirtschaftliche Bedeutung“, so BAH-Hauptgeschäftsführer Martin Weiser. Jedes sechste OTC-Präparat ist hier zu Lande pflanzlichen Ursprungs. Das entspricht einem Umsatz von 1,4 Milliarden Euro.
Die Forderung des BAH kommt politisch äußerst gelegen. Die Heads of Medicines Agencies (HMA), ein Zusammenschluss der nationalen Zulassungsbehörden für Human- und Tierarzneimittel, wollen pflanzlichen Präparaten mehr Beachtung schenken. Zuletzt hatte sich auch die Bundesregierung für wissenschaftlich fundierte Gesundheitsaussagen stark gemacht.