Ein vier Monate alter Junge wird in die Notaufnahme gebracht. Seit 48 Stunden leidet er an massiven Hustenanfällen, denen Apnoephasen von 10-30 Sekunden folgten. Bei der Behandlung lehnen sich die Ärzte aus dem Fenster - und landen einen Glückstreffer.
Der Kinderarzt hatte bei einem vier Monate alten Jungen einen viralen Infekt diagnostiziert, doch in den vergangenen 48 Stunden litt der junge Patient zunehmend an Luftnot und Hustenanfällen, denen Apnoephasen von bis zu 30 Sekunden folgten. Seine Eltern bringen ihn daraufhin in die Notaufnahme.
Bei der Aufnahme zeigt der Junge kein Fieber, Herzfrequenz und Blutdruck sind stabil. Die Sauerstoffsättigung beträgt bei Sauerstoffzufuhr über eine Nasenbrille 95 Prozent. Das Kind ist lebhaft, hat beidseits vesikuläre Atemgeräusche und unregelmäßig wiederkehrenden Husten. Die Apnoephasen zeigt er weiterhin in Abständen von zwei bis drei Minuten.
Säugling mit Vorgeschichte
Die Anamnese ergibt, dass der Junge infolge eines Amnioninfektionssyndroms bereits in der 27. Schwangerschaftswoche als Frühchen zur Welt kam. Seine ersten zehn Wochen verbrachte er auf der Neonatologie, da er CPAP-Unterstützung benötigte.
Die Verdachtsdiagnose der Ärzte ist zunächst eine Bronchiolitis. Eine Pneumonie oder Sepsis halten sie aufgrund des fehlenden Fiebers und des unauffälligen Röntgenbilds für unwahrscheinlich. Keuchhusten wird ebenfalls ausgeschlossen, da sowohl der Junge als auch die Familie gegen die Krankheit geimpft sind.
Das Kind erhält Ceftriaxon und respiratorische Unterstützung. Als das Kind jedoch trotz nasaler CPAP-Beatmung weiterhin Apnoephasen zeigt, erwägt das Team Intubation und kontrollierte Beatmung. Als letzten Ausweg davor ziehen sie eine i.v.-Gabe von Koffein in Betracht. Dies scheint sich laut Studienlage bei Bronchiolitis-assoziierter Apnoe häufig positiv auszuwirken. Der kleine Patient erhält somit 20mg/kg Coffeincitratt. Die Gabe erfüllt seinen Zweck: Bereits eine Stunde später sind keine Atemaussetzer mehr zu verzeichnen, 24 Stunden später kann die CPAP-Beatmung eingestellt werden.
Falscher Verdacht
Nach 48 Stunden hält das Ergebnis eines PCR-Tests jedoch eine Überraschung bereit: Das Ergebnis ist positiv für B. pertussis. Das Kind leidet an Keuchhusten – eine lebensbedrohliche Erkrankung für Säuglinge.
Die Ärzte geben in ihrem Bericht zu, sich von dem Impfstatus fehlgeleitet haben zu lassen. Auch wenn die Impfung zu dem Zeitpunkt für das Kind noch keinen sicheren Impfschutz darstellte, so trug sie vermutlich zu dem glimpflichen Verlauf der Krankheit bei. Der Junge erhält fünf Tage lang Azithromycin und kann kurze Zeit später entlassen werden.
Warum er auf das Koffein so positiv reagierte, obwohl er nicht an einer Bronchiolitis litt, können sich die Ärzte nicht erklären. Auch in der Literatur finden sie keine Erklärung. Ihren Bericht schließen sie daher mit dem Appell, die Wirkung von Koffein bei Kindern mit Keuchhusten in Studien näher zu untersuchen.
Quelle:
Caffeine to prevent respiratory failure and improve outcome in infant pertussis; John Evered et al., BMJ Case Reports, doi: 10.1136/bcr-2017-223102
Artikel von Maren Böcker