Es beginnt mit Schluckbeschwerden und Heiserkeit. Über drei Monate lang verschlimmern sich die Symptome eines 81-Jährigen. Bald versagen seine Stimmlippen völlig. Mehrere Endoskopien liefern den Ärzten keine Hinweise auf die Ursache. Dann erinnert sich der Patient.
Ein 81-jähriger Mann ist zur stationären Behandlung einer Lungenentzündung in der Klinik. Er klagt über starke Schluckbeschwerden sowie Gewichtsverlust. Zu seiner Krankheitsgeschichte zählt chronische lymphatische Leukämie (CLL), ansonsten hat er keine Vorerkrankungen.
Bei einer ersten Laryngopharyngoskopie können die Ärzte außer Speichelansammlung im Hypopharynx keine sichtbaren Veränderungen erkennen. Neben den Schluckbeschwerden klagt der Mann aber bald auch über Dysphonie. Für weitere Untersuchungen überweisen ihn die Ärzte in die Abteilung für Kopf-Hals-Tumoren.
Könnte es ein Tumor sein?
Die erneute flexible Endoskopie ergibt eine rechtseitige Stimmlippenlähmung sowie anhaltende Speichelansammlung. Die Symptome des Patienten verschlechtern sich – bald darauf kann er gar nicht mehr sprechen. Mehrere Lymphknoten im Hals, Mediastinum und der Achsel sind verdickt. Dies führen die Ärzte auf seine Krankheitsgeschichte zurück.
Die CT-Bilder zeigen eine diffuse Verdickung des Hypopharynx. Die Ärzte vermuten einen Tumor. Wieder wird der Patient untersucht – nun aber für eine bessere optische Qualität mithilfe eines starren Endoskops. Glücklicherweise finden die Ärzte bei der Untersuchung keinen Tumor. Dafür drei Zähne einer Zahnprothese, eingeklemmt in der Postkrikoidregion des Hypopharynx.
Verlorene Zahnprothese
Die Teilprothese kann vollständig entfernt werden und unmittelbar verbessern sich seine Symptome. Als die Ärzte ihn darüber aufklären, dass eine Prothese für seinen Zusand verantwortlich war, erinnert der Mann sich wieder. Vor drei Monaten war seine Zahnprothese plötzlich verschwunden. Er ging davon aus, die Prothese verlegt zu haben. Zu diesem Zeitpunkt traten die Beschwerden das erste Mal auf. Bei einer Kontrolluntersuchung vier Wochen nach der Entlassung ist der Mann beschwerdefrei.
Die Ärzte verweisen in ihrem Bericht darauf, dass Zahnprothesen zu den am häufigsten verschluckten Gegenständen gehören. Eine Stimmlippenlähmung als Folge wie in diesem Fall sei aber sehr selten.
Da Zahnprothesen meist aus röntgenstrahlendurchlässigem Kunststoff hergestellt sind, kann man sie in bildgebenden Verfahren oft nicht erkennen. Laut der behandelnden Ärzte sei daher die starre endoksopische Untersuchung bei Patienten mit anhaltender Dysphagie angeraten – inbesondere bei älteren Patienten. Dadurch könne man ernsthafte Komplikationen vermeiden.
Quelle:Mislaid dentures: a cause for unusual presentation of bilateral vocal cord palsy. Vallamkondu V et al., BMJ Case Reports, doi:10.1136/bcr-2014-206146; 2018
Artikel von Anke Hörster