Beim Eintreffen des Rettungswagens ist der 49-jährige Verunglückte respiratorisch und hämodynamisch stabil, sein Glascow-Coma-Score (GCS) beträgt 15, es liegen also keine Bewusstseinsstörungen vor. Die schnelle Trauma-Untersuchung bleibt bis auf ein druckschmerzhaftes Becken ohne pathologischen Befund.
Der Patient ist orientiert, sein linkes Handgelenk ist jedoch deformiert und schmerzhaft. Die Rettungskräfte legen ihm zur Stabilisierung der Halswirbelsäule und des Beckens Stiffneck bzw. Beckenschlinge an, versorgen ihn mit einem intravenösen Zugang und fahren in den nächstgelegenen Schockraum.
Entwarnung im Schockraum
Die Ärzte vermuten aufgrund des schmerzhaften Beckens, dass eine Fraktur vorliegt. Im CT gibt es aber keinen Hinweis auf Verletzungen des Beckens oder der Wirbelsäule.
Die Ärzte entfernen somit Stiffneck und Beckenschlinge und schicken den Patienten in die Radiologie, um das Handgelenk röntgen zu lassen. Von dort kehrt der Patient 45 Minuten später zurück.
Zurück zum Röntgen
Dass er die darauffolgenden Stunden weiterhin über starke Schmerzen im Becken klagt, macht die behandelnden Ärzte misstrauisch. Sie ordern ein weiteres Röntgenbild – diesmal vom Becken.
Das resultierende Bild zeigt, wie groß der Effekt der Beckenschlinge zuvor gewesen sein muss. In der Röntgenaufnahme sind sowohl eine Symphysensprengung (roter Pfeil) als auch eine Schädigung des linken Iliosakralgelenks (schwarzer Pfeil) deutlich sichtbar. Die Beckenschlinge hat die Frakturen dermaßen gut reponiert, dass sie auf den CT-Aufnahmen nicht sichtbar waren. Die Verletzungen werden daraufhin unmittelbar operativ versorgt und der Patient befindet sich auf dem Weg der Besserung.
In ihrem Bericht betonen die Ärzte einerseits den erheblichen Stellenwert von Beckenschlingen im Rettungsdienst. Gleichzeitig warnen sie jedoch vor falsch negativen Befunden von Bildgebung unter angebrachten Beckenschlingen und raten dringlichst, anhaltende Schmerzsymptomatik in so einem Fall ernst zu nehmen.
Quelle:
False negative computed tomography scan due to pelvic binder in a patient with pelvic disruption: a case report and review of the literature; Sharon Jamme et al., Journal of Medical Case Reports, doi: 10.1186/s13256-018-1808-7
Artikel von Maren Böcker