In einer Entzugsklinik wird das Pflegepersonal zu einem bewusstlosen 19-jährigen Patienten gerufen. Der junge Mann befindet sich im Kreislaufstillstand, die Pflege beginnt unmittelbar mit der Reanimation. Der kurze Zeit später eintreffende Rettungsdienst stellt im EKG Kammerflimmern fest. Nach insgesamt sechs Reanimationszyklen mit Defibrillation gelingt die Rückkehr des Spontankreislaufs (ROSC). So kann der Patient ins Krankenhaus transportiert und auf der Intensivstation aufgenommen werden. Im EKG zeigen sich nun deutliche ST-Veränderungen. Die Ursache hierfür ergibt sich erst aus der Fremdanamnese.
Auf der Suche nach dem High
Der Patient befand sich aufgrund von Ketamin- und Cannabis-Abusus in der Entzugsklinik. Sein Zimmernachbar berichtet, dass der junge Mann kurz vor seinem Kollaps ein Handtuch über seinen Kopf gelegt und die Dämpfe eines Deo-Sprays eingeatmet hatte, um sich damit zu berauschen. Daraufhin sei er zunächst hyperaktiv auf und ab gesprungen, schließlich jedoch zusammengebrochen. Hinweise für Strangulation oder andere Verletzungen finden sich nicht. Ein toxikologisches Screening auf andere Drogen ist negativ.
Hirn im Rausch, Herz im Stress
In ihrem Bericht erklären die Ärzte den Herzstillstand mit dem „Sudden Sniffing Death Syndrome“. Die Inhalation des volatilen Gases „Butan“ löst dabei über Katecholaminfreisetzung an den Herzkranzgefäßen Spasmen aus, worauf der Herzmuskel mit Rhythmusstörungen reagiert.
Irreversible Schäden
Für den jungen Mann war dieses Ereignis fatal. Er wird im Krankenhaus zwar weiter intensivmedizinisch versorgt und sein Herz medikamentös unterstützt, der Schaden an seinem Gehirn ist jedoch irreversibel. Als man nach einigen Tagen die Sedierung stoppt, beträgt sein Glasgow Coma Score (GCS) weiter 3 von 15. Mehrmals am Tag verzeichnen die Ärzte einen Status epilepticus, der medikamentös kaum zu unterbrechen ist.
Auch am neunten Tag ist sein Zustand unverändert. Den epileptischen Anfällen ist mit Propofol, Levetiracetam, Phenytoin und Thiopental nicht beizukommen. Daher entscheiden sich die Ärzte in Rücksprache mit den Angehörigen zu einer Therapiezieländerung. Sie extubieren den Patienten und begleiten den Sterbeprozess mit Morphin und Midazolam.
Besondere Vorsicht
Ihren Bericht schließen sie mit dem Apell, sich der Gefahr vom Missbrauch volatiler Substanzen aus Haushaltsprodukten in Einrichtungen wie Entzugskliniken oder Gefängnissen besonders bewusst zu sein.
Quelle: © Kelvin Harvey Kramp et al. / BMJ Case Reports /docc.hk/v3j54k
Foto: © Kemberly Groue / Keesler Air Force Base / docc.hk/tv5shh