Während des Notdienstes suchte einer von meinen Patienten kürzlich den ortsbekannten Schwurbelkollegen auf. Die Diagnose stellte der Arzt per Pendel, Fußreflexzonenmassage empfahl er als Mittel der Wahl. Anlass für mich, ein paar Worte an den werten Kollegen zu richten.
Lieber esoterischer Fachkollege der Kinderheilkunde,
Sie sind ja in unserer Gegend bekannt dafür, dass Sie Impfungen ablehnen und lieber mit Zuckerperlen um sich werfen. Außerdem lassen Sie die Kinder Keuchhusten-Zyanose und die 41° Grad Fieber bei Masern durchleben – um den entscheidenden Entwicklungsschub voranzubringen, den die Heranwachsenden so dringend benötigen, aber manchmal hat es ein Ende mit der Schwurbelmedizin.
So finde ich es echt lustig, dass Sie während des Notdienstes einem „meiner“ Kinder einen Harnwegsinfekt per Pendel und Irisdiagnostik angedichtet haben. Dabei hielten sie es aber nicht für nötig, dies a) mit einem simplen Urinstatus oder gar einer Urinkultur abzusichern und b) das dann indizierte Antibiotikum zu verordnen.
Andererseits ist es wohl bei Ihrer Sicht auf die Dinge konsequent. Richtig spannend ist hingegen Ihre Therapieempfehlung: Fußreflexzonenmassage.
Darf ich kurz anmerken, dass der Urin des Mädchens hier und heute völlig steril war, dafür aber eine knackige Mittelohrentzündung zu sehen war? Ach, Sie hatten gar nicht ins Ohr geschaut, obwohl die Mutter Ihnen erzählt hatte, dass die Kleine sich permanent ans Ohr griff? Naja, Marginalien, oder?
Kleiner Tipp: Man kann auch freiwillig seine Kassenarztzulassung abgeben, wenn man sowieso nichts von der leitlinienorientierten Medizin hält. Macht den Weg frei für manchen ambitionierten jüngeren Kollegen. Aber vielleicht scharen Sie ja deswegen die ganzen impf- und schulmedizinkritischen Eltern um sich: Damit wir anderen in Ruhe arbeiten können. Dafür ein Dankeschön.
Für alles andere nicht.
Mit freundlichen nicht so kollegialen Grüßen
kinderdok