Essen gehen heißt in der Regel, dass man zu viel isst. Restaurants servieren enorme Portionen, die den empfohlenen Kaloriengehalt einer Mahlzeit häufig überschreiten, so das Ergebnis einer aktuellen Studie. Dabei schneiden klassische Restaurants sogar schlechter ab als Fast-Food-Restaurants.
Wer mehr Essen auf dem Teller hat, isst auch mehr. Dieser Effekt konnte in der Vergangenheit bereits nachgewiesen werden, etwa in einem großen Cochrane-Review aus dem Jahr 2015. Mit diesem Wissen im Hinterkopf kann man versuchen, Mahlzeiten etwas kleiner zu portionieren. Natürlich geht das nur zuhause, im Restaurant bekommt in der Regel jeder Gast die gleiche Portion. Und die ist für die meisten Menschen mehr als genug. So lautet das Ergebnis einer aktuellen Studie, in der die Restaurantportionen aus fünf unterschiedlichen Ländern verglichen wurden. Dabei wird mit einem Vorurteil aufgeräumt: Dieses Problem ist nicht per se amerikanischer Natur, auch in anderen Teilen der Welt bekommen Restaurantgäste mehr, als sie essen können bzw. sollten.
Es handelt sich um eine Querschnittsstudie, in der 223 Mahlzeiten im Zeitraum von 2014 bis 2017 analysiert wurden. Diese stammten von 111 klassischen Restaurants (in der Studie als „Full-Service-Restaurants“ bezeichnet) sowie Fast-Food-Restaurants in Brasilien, China, Finnland, Ghana und Indien. Des Weiteren wurden Proben der 10 beliebtesten Speisen von fünf finnischen Bürokantinen miteinbezogen, wo Arbeitnehmer häufig die Möglichkeit haben, eine subventionierte gesunde Lunch-Option zu wählen. Bei der Auswahl handelte es sich immer um Proben jener zwei Speisen, die in den Restaurants am beliebtesten sind. Die Daten wurden anschließend vergleichbaren Daten aus den USA gegenübergestellt.
Die Forschergruppe definierte eine Mahlzeit als Hauptgang mit Beilagen, die im Gericht inbegriffen sind, also nicht extra vergütet werden. Getränke, Vorspeisen und Desserts wurden dementsprechend nicht berücksichtigt. Sämtliche Proben (Menge: 0,1 g), in denen alle Komponenten berücksichtigt wurden, wurden in das Labor der Tufts University geschickt. Die Energiedichte wurde als Brennwert pro Gramm der frischen Mahlzeiten gemessen. Nachdem die Wissenschaftler die Energiedichte der Proben im frischen Zustand gemessen hatten, wurden sie zerkleinert, schockgefroren, pulverisiert und im Anschluss mittels Bombenkalorimeter auf ihren Energiegehalt gemessen.
Was vielleicht einige überraschen mag: Die USA kommen auch nicht viel schlechter weg als die anderen Länder, groß und kalorienreich sind die Mahlzeiten überall. Speisen aus regulären Restaurants schneiden im Vergleich zu Fast-Food-Speisen sogar schlechter ab. Der Gesamtenergiegehalt von Fast-Food-Speisen war vor allem in Brasilien (34 %; p = 0.03), China (46 %; p < 0.001) und den USA (29 %; p < 0.001) deutlich niedriger als der von Speisen aus Full-Service-Restaurants. Im Mittel betrug der Brennwert aller Länder für eine Full-Service-Restaurant-Mahlzeit 1.317 Kilo-Kalorien (kcal) und für eine Fast-Food-Mahlzeit 809 kcal.
Warum sie gerade 600 und 2.000 Kalorien als Richtwerte wählten, begründen die Forscher folgendermaßen: Die Empfehlung für die optimale Kalorienmenge pro Hauptmahlzeit habe sich geändert. Die britische Regierung schlägt 600 Kalorien pro Hauptmahlzeit als anzustrebenden Wert vor, um die Verbreitung von Übergewicht zu verhindern. Die 2.000-Kalorien-Marke hatten sie im Blick, weil sie als Richtwert für den durchschnittlichen Tagesbedarf eines Menschen herangezogen wird, obgleich auch dieser Wert seit langem hinterfragt wird, da der Kalorienverbrauch stark von Geschlecht, Körpergröße und körperlicher Aktivität abhängt.
Es handelt sich um die erste Studie, in der ein internationaler Vergleich von Portionsgrößen von Mahlzeiten in Restaurants unterschiedlicher Art vorgenommen wurde. Dabei waren die Forscher vor allem über die extremen Unterschiede beim Kaloriengehalt von Mahlzeiten auch innerhalb der Länder überrascht: Die selbe Speise hatte in einem chinesischen Restaurant 1.386 und in einem anderen 657 Kalorien. Ohne einheitliche Angaben zum Energiegehalt von Speisen sei es äußerst schwierig, Menschen dabei zu unterstützen, in Restaurants weniger zu essen, so das Fazit der Autoren.
Auch wenn die Ergebnisse signifikant sind, weisen die Studienautoren auf Schwächen und Grenzen ihrer Arbeit hin. Beim errechneten Energiegehalt handele es sich um die Spitze des Eisbergs. Der wahre Kalorienverbrauch nach Restaurantbesuchen sei noch viel höher, denn Getränke oder Desserts wurden in die Analyse gar nicht miteinberechnet, betonen die Forscher. Die Forscher nahmen für ihre Berechnungen außerdem an, dass die Größe von bestellten Speisen zum Mitnehmen die gleiche war wie jene, die im Restaurant verzehrt wurden. Zudem wurden alle Proben ausschließlich in urbanen Zentren genommen. Die Daten, die sich auf die USA beziehen, wurden drei Jahre früher gesammelt als die restlichen, auch wenn diese Tatsache an den Ergebnissen nichts grundlegendes ändern dürfte.
„Die aktuelle Durchschnittsgröße von Portionen sind hoch im Vergleich zu der Kalorienmenge, die in globalen Empfehlungen angegeben wird“, sagt Studienautorin Susan Roberts in einer Pressemitteilung. „Da drei Mahlzeiten am Tag und einer oder mehrere Snacks dazwischen üblich sind, sollten die von uns untersuchten üppigen Restaurant-Portionen daraufhin untersucht werden, welche Rolle sie bei der globalen Epidemie von Übergewicht spielen.“
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