Einigen Bakterien der Darmflora gelingt es ins Darmgewebe einzudringen und ein Enzym zu aktivieren, das das Stammzellwachstum und somit die Krebsentstehung fördert. Künftig könnten andere Bakterien, die gezielt Signalwege blockieren, das Stammzellwachstum kontrollieren.
Die Darmoberfläche ist ein sich rasch erneuerndes Gewebe, dessen Regeneration von Stammzellen des Darms ausgeht. Eine Zerstörung dieser Stammzellen, wie zum Beispiel nach einer Chemotherapie, führt zu einer verschlechterten Regeneration des Darmes und zu schwerer Erkrankung. Im Gegensatz dazu können genetische Mutationen, die das Wachstum von Darmstammzellen weiter fördern, zu unkontrollierter Organregeneration und der Entwicklung von Darmkrebs führen. Stammzellen im Darm bedürfen daher gut abgestimmter Kontrollmechanismen, die die Regeneration unterstützen, aber die Krebsentstehung verhindern.
Die Forschungsgruppe um Prof. Dr. med. Sebastian Zeißig vom DFG-Forschungszentrum für Regenerative Therapien Dresden konnte nun zeigen, dass Bakterien innerhalb der normalen Darmflora in Darmgewebe eindringen und ein Enzym in Stammzellen aktivieren, das das Stammzellwachstum unterstützt und somit die Krebsentwicklung fördert. Diese Entdeckung könnte die Grundlage neuartiger Therapien für die Prävention und Behandlung von Darmkrebs bilden. „In Zukunft könnten Bakterien, die so konstruiert sind, dass sie bestimmte Signalwege blockieren, als lokal im Darm wirkende Probiotika eingesetzt werden. Damit könnte das Wachstum von Darmkrebs gehemmt oder möglicherweise sogar seine Entstehung gänzlich verhindert werden“, so Zeißig. Da Stammzellen für die Regeneration des Darmes essentiell sind, könnten Therapien, welche auf diese Signalwege fokussieren, zukünftig auch helfen, neue Medikamente zu entwickeln, die die Nebenwirkungen bei Chemotherapien, Strahlentherapien oder anderen Schäden des Darms reduzieren. Mit seiner Forschungsgruppe hat Sebastian Zeißig bereits begonnen, Darmbakterien genetisch zu verändern, um die Regeneration und Krebsentwicklung im Darm zu beeinflussen. Zeißig fügt hinzu: „Mit einem starken Fokus auf Stammzellbiologie und einer engen Verbindung zur klinischen Medizin bietet das CRTD ein einzigartiges Umfeld für Ärzte in der Forschung, um neue Behandlungsmethoden für die regenerative Medizin und Krebstherapie zu entwickeln.“ Originalpublikation: Epithelial calcineurin in the control of microbiota-dependent intestinal tumor development Kenneth Peuker et al.; Nature Medicine, doi: 10.1038/nm.4072; 2016