Störungen des Tag-Nacht-Rhythmus sind mit erhöhten Krebsrisiken assoziiert. Jetzt wird vermutet, dass vom Blauanteil in städtischen Energiesparlampen ähnliche Gefahren ausgehen könnten. Eine Fall-Kontroll-Studie aus Spanien soll aufklären.
Schon länger bewertet die Internationale Agentur für Krebsforschung IARC der WHO Nachtschichtarbeit als „wahrscheinlich karzinogen für den Menschen“ (Gruppe 2A). Dieser Einschätzung liegen mehrere Assoziationsstudien zugrunde. Experten vermuten, dass Störungen des Tag-Nacht-Rhythmus durch künstliches Licht mit mehr Prostatakarzinomen und Mammakarzinomen in Verbindung stehen. IARC-Klassifikationen werden zwar kontrovers diskutiert, gelten aber als weitgehend akzeptierte Experteneinschätzungen. Eine neue Arbeit zeigt, wie lückenhaft unser Wissen in diesem Bereich tatsächlich ist.
Ariadna Garcia-Saenz vom Barcelona Institute for Global Health hat Daten einer Fall-Kontroll-Studie mit 4.000 Spanierinnen und Spaniern ausgewertet. Ihre Probanden waren beim Start der Studie 20 bis 85 Jahre alt. Per Fragebogen erfassten Forscher diverse Lebensgewohnheiten. Dazu gehörte auch die Schlafhygiene: Beispielsweise, ob Licht von Straßenlampen ins Schlafzimmer von Probanden fällt. Gleichzeitig erfasste Garcia-Saenz bekannte Risiken wie Nikotin- oder Alkoholkonsum, einen erhöhten BMI bzw. Krebserkrankungen in der Familie. Im nächsten Schritt wollte Garcia-Saenz wissen, welche spektrale Zusammensetzung die elektromagnetische Strahlung hat. Die Frage erwies sich als recht schwierig zu beantworten. Der Grund dafür war, dass spanische Kommunen häufig stromfressende Natriumdampflampen mit orangem Licht, durch weiße Energiesparlampen mit blauem Lichtanteil ersetzen. Letztlich blieb nur noch ein Weg: Das Team ließ hochaufgelöste Fotos von der Internationalen Raumstation ISS anfertigen und wertete die Farben photometrisch aus. Aufnahme von Madrid über die International Space Station ISS. © Garcia-Saenz et al.
Diese Informationen wurden dann mit medizinischen Daten verglichen. In der Fallgruppe traten zwischen 2008 und 2013 insgesamt 1.219 Brustkrebs- und 623 Prostatakrebs-Erkrankungen auf. Als Kontrollen zog Garcia-Saenz zwei Gruppen mit 1.385 Frauen bzw. 879 Männern heran. Für Madrid und Barcelona zeigte sich, dass LED-Licht mit Blauanteil während der Nachtruhe mit einem rund 1,5- bzw. 2-fach höheren Risiko für Brust- bzw. Prostatakrebs in Verbindung stand. Garcia-Saenz verglich dabei Daten von Probanden im höchsten und niedrigsten Bereich der nächtlichen Lichtexposition. Andere Lichtfarben – etwa Natriumdampflicht – führten zu keinen statistisch signifikanten Unterschieden.
Bleibt als Fazit: Die Arbeit zeigt Assoziationen, aber keine Kausalitäten auf. Zu den Stärken zählt zweifelsohne die große Kohorte und dass die Lichtfarben präzise bestimmt wurden. Als mögliche Fehlerquelle sind aber die in epidemiologischen Studien beliebten Fragebögen zu nennen. Bei ihren Angaben machen Studienteilnehmer oft wissentlich oder unwissentlich Fehler. Garcia-Saenz fordert deshalb weitere Studien in dem Bereich. Sie bewertet das Thema angesichts allgegenwärtiger Lichtquellen als bedeutsam.