In der bisher umfassendsten Analyse von Schmerzmitteln bei Patienten mit Knie- und Hüftarthrose haben Wissenschaftler gezeigt, dass Paracetamol keine klinisch relevante Wirksamkeit hat. Gewisse nicht-steroidale Antirheumatika (NSAR) schnitten dahingehend weit besser ab.
Die Schmerzbehandlung bei Arthrose folgt einem abgestuften Schema, in welchem sowohl der Arzneistoff Paracetamol als auch die Klasse der nicht-steroidalen Antirheumatika (NSAR) eine zentrale Rolle spielen. Von letzteren befinden sich eine Vielzahl von Präparaten auf dem Markt. Bisher wurde in Empfehlungen und Richtlinien weder zwischen NSAR und Paracetamol differenziert, noch zwischen den einzelnen Präparaten aus der Gruppe der NSAR. Insofern war bisher nicht bekannt, ob sich die unterschiedlichen Präparate in ihrer schmerzlindernden Wirksamkeit unterscheiden. Nun hat eine Forschergruppe um Sven Trelle vom Klinischen Studienzentrum CTU der Medizinischen Fakultät der Universität Bern und Inselspital sowie vom Institut für Sozial- und Präventivmedizin der Universität Bern dies erstmals untersucht. In einer umfangreichen Meta-Analyse konnten die Forschenden nachweisen, dass Paracetamol gegen Schmerzen nicht besser wirkt als ein Placebo und dass die Medikamente Diclofenac und – mit leichten Abstrichen – Etoricoxib bezüglich Schmerz und Funktion am besten wirken.
Für die Analyse konnten Resultate von 74 Studien bei 58.556 Patienten berücksichtigt werden. Untersucht wurde die Wirkung von insgesamt 22 medikamentösen Therapien und Placebo in Bezug auf Schmerzreduktion und Verbesserung der Bewegungseinschränkung. Diese 22 Therapien beinhalteten unterschiedliche Dosierungen von Paracetamol und von sieben verschiedenen NSAR. Erstmals konnte nun die Wirksamkeit dieser Behandlungen aufzeigt werden. „Ärztinnen und Ärzte müssen zusammen mit den betroffenen Patientinnen und Patienten entscheiden, welches Medikament sie einsetzen“, sagt der Letztautor der Studie, Sven Trelle vom CTU. „Unsere Studie hilft, dass diese Entscheidung nun auf einer solideren Grundlage getroffen werden kann.“
Die Forschungsgruppe identifizierte in der vorliegenden Analyse alle klinischen Studien, bei denen Patienten mit Knie- oder Hüft-Arthrose nach dem Zufallsprinzip Placebo oder eines der 22 unterschiedlich dosierten Medikamente erhielten und die Wirkung auf Schmerzen und Funktion gemessen wurde. Die Ergebnisse aller Studien wurden dann mit einer speziellen Netzwerk-Meta-Analyse zusammengefasst. Magnetresonanztomographie eines arthrotischen Kniegelenkes. Zu sehen ist der Verschleiß der Knorpelschicht im linken Bereich des Bildes. © Wikimedia Commons „Normalerweise werden in einer Meta-Analyse nur Vergleiche von Therapiemethoden kombiniert, wenn sie direkt innerhalb einer Studie durchgeführt wurden. Die Methode der Netzwerk-Meta-Analyse erlaubt es jedoch, diese direkten Medikamentenvergleiche mit indirekten Vergleichen, die zwischen zwei Studien gemacht werden können, in einer Art Netzwerk zu kombinieren“, sagt Bruno da Costa vom Berner Institut für Hausarztmedizin (BIHAM), der Erstautor der Studie.
Wie die Forschungsgruppe schon in früheren Arbeiten gezeigt hat, haben die hier untersuchten Medikamente zum Teil erhebliche Nebenwirkungen, insbesondere wenn sie als Dauertherapie eingesetzt werden. So erhöht etwa Diclofenac das Risiko von Herz-Kreislauferkrankungen. Gerade bei Arthrosepatienten stellt die Wahl des richtigen Mittels eine Herausforderung dar – wegen ihres oft fortgeschrittenen Alters und häufig mehrfacher Einnahme von Medikamenten. Aus diesem Grund empfehlen die Forschenden nicht nur eine gründliche Abwägung der Wirksamkeit und aller möglichen Nebenwirkungen, sondern auch den möglichst kurzzeitigen Einsatz dieser Medikamente. „Die Arthroseschmerzen verlaufen häufig in Schüben, und aufgrund der Nebenwirkungen empfehlen wir, die NSAR so kurz wie möglich zu verschreiben“, sagt Stephan Reichenbach, Rheumatologe und ebenfalls Mitautor der Studie. Originalpublikation: Effectiveness of non-steroidal anti-inflammatory drugs for the treatment of pain in knee and hip osteoarthritis: a network meta-analysis Bruno da Costa et al.; Lancet, doi: 10.1016/S0140-6736(16)30002-2; 2016