Sportwissenschaftler haben einen genauen Blick auf aktuelle Fitnesstracker, Aktivitätssensoren und Trainingscomputer geworfen. Sie wollten wissen, wie akkurat die Geräte messen und ob eine effiziente Trainingssteuerung für Athleten und Alltagsanwender damit überhaupt möglich ist.
Sportler verändern ihr Training täglich. Zum einen, um die Leistung zu steigern, zum anderen, um Verletzungen vorzubeugen. Um Trainingsumfang und -intensität entsprechend justieren zu können, benötigen Athleten eine Übersicht ihrer Leistungsdaten wie Herzfrequenz, maximale Sauerstoffaufnahme und weitere. Diese Daten werden von tragbaren Mini-Computern oder Sensoren aufgezeichnet und gespeichert, sogenannte Wearables. Auch im Freizeitbereich erfreuen sich diese digitalen Helferlein wachsenden Zuspruchs: Der weltweite Markt hat neuesten Erhebungen zufolge einen Umfang von knapp fünfeinhalb Milliarden Euro. „Das ist ein absoluter Trend in der gesamten Sport- und Freizeitbranche, über alle Sportarten und Anwendungsbereiche hinweg“, sagt Professor Billy Sperlich und ergänzt: „Viele Geräte sind derzeit jedoch nicht evaluiert.“ Der Sportwissenschaftler leitet an der Uni Würzburg den Arbeitsbereich „Integrative und experimentelle Trainingswissenschaft“ und hat für eine aktuelle Studie gemeinsam mit Mitarbeiter Peter Düking einige Produkte etwas genauer unter die Lupe genommen.
Es handelt sich jedoch nicht um einen reinen Vergleichstest, wie man sie in aktuell in vielen Lauf- und Sportmagazinen findet. Vielmehr wollten die Forscher mit der Studie in einem ersten Schritt prüfen, welche Geräte was können und welche der von ihnen erfassten Parameter überhaupt für eine optimale Trainingssteuerung von Bedeutung sind. „Die bisher am Markt verfügbaren Geräte können bereits viele Biomarker messen, sind aber nicht ganz genau“, sagt Sperlich. Ein Beispiel aus dem Freizeitsport: Der Wunsch, Gewicht zu verlieren. Hier können Fitnesstracker helfen, einen Überblick über die am Tag verbrauchten Kalorien zu bekommen. Aber: „Einige Geräte haben den tatsächlichen Energieverbrauch beim Sport deutlich unterschätzt“, sagt Sperlich. Sperlich möchte mit seinem Team in Zukunft möglichst viele Daten sammeln, um darin Muster ausfindig zu machen. Um die Sicherheit der Daten zu gewährleisten und das Aufbereiten und Interpretieren zu vereinfachen, arbeiten Sperlich und Düking hierbei auch mit Informatikprofessor Andreas Hotho zusammen. „Wir erhoffen uns von den großen Datenmengen – Stichwort: Big Data, dass wir den tatsächlichen Effekt eines Trainings auf ein Individuum besser bestimmen können und gegebenenfalls Variablen erkennen, die wir vorher so nicht als leistungsrelevant eingestuft hätten“, sagt Sperlich.
Für eine optimale Trainingssteuerung ist eine Kombination von verschiedenen Sensoren erforderlich. Die von Sperlich, Düking und Hotho in einem ersten Schritt untersuchten Geräte nutzen unterschiedliche Techniken: Der klassische Brustgurt schnitt bei der Messgenauigkeit gut ab, während die optische Messung der Herzfrequenz am Arm noch in den Kinderschuhen stecke: „Die Messergebnisse von optischen Sensoren am Handgelenk waren oft ungenau, vor allem bei intensivem körperlichen Training“, sagt Sperlich. Bei dieser Messmethode strahlen LEDs auf die Haut und durchdringen Gewebe und Blutgefäße. Das Licht wird dabei absorbiert, transmittiert oder reflektiert. Die zwischen den LEDs sitzende Linse nutzt das reflektierte Licht, das je nach Blutmenge in einem Herzzyklus unterschiedlich ist, um den Puls abzuleiten. Weitere Sensoren in der Kleidung oder etwa in Matratzen können zudem Auskunft über die Schlafqualität eines Sportlers geben, den Grad der Dehydrierung über Hautsensoren erfassen, die Körperkerntemperatur überwachen, etwa durch eine Art Ohrstöpsel, sowie die Durchblutung der Muskeln, die maximale Sauerstoffaufnahme und natürlich das Körpergewicht. Die meisten am Markt verfügbaren Geräte beschränken sich darauf, Dauer, Distanz, Geschwindigkeit und Höhenunterschiede aufzuzeichnen – in Kombination mit der Herzfrequenz und Schlafaktivität.
Die elektronischen Begleiter der nächsten Generation werden jedoch auch weitere Faktoren berücksichtigen können: etwa das allgemeine Befinden eines Läufern. „Leider erkennen die Geräte noch nicht, wenn jemand beispielsweise einen Infekt hat und deswegen am Morgen nur leicht trainieren sollte“, nennt Sperlich ein Beispiel und ergänzt: „Aber das wird kommen, die Hersteller sind da auf dem richtigen Weg.“ Trainer und Ärzte müssen sich laut Sperlich aber auch in Zukunft nicht von smarten Trainingshilfen und Gesundheitsmonitoren in ihrer Existenz bedroht fühlen. Manche Trainingscomputer eignen sich durchaus, beispielsweise ein an der Herzfrequenz ausgerichtetes Training zu planen und gesetzte Ziele zu erreichen. Auch für Menschen mit einem weniger guten Gefühl für die eigene Leistungsfähigkeit, etwa nach langer Krankheit, sind Wearables auch heute schon mehr als eine Spielerei. Dennoch sind die beiden genannten Berufsgruppen auch in Zukunft nicht aus dem Alltag wegzudenken. Es sei sinnvoll und wichtig, sich an individuelle Trainingspläne zu halten und regelmäßig ein persönliches Gespräch mit einem Arzt zu führen, der zudem alle Gesundheitsdaten im Blick habe. „Das persönliche Empfinden ist zudem der sensibelste Belastungsmarker, über den wir verfügen“, sagt Sperlich. Wer sich also nicht danach fühlt, sollte die Trainingsschuhe ruhig einmal an der Garderobe stehen lassen und sich stattdessen ein wenig dehnen oder seinem Körper Ruhe gönnen. Originalpublikation: Comparison of non-invasive individual monitoring of the training and health of athletes with commercially available wearable technologies Peter Düking et al.; Frontiers in physiology, doi: 10.3389/fphys.2016.00071; 2016