Beim südlichen Nachbarn geraten öffentliche Apotheken mehr und mehr in wirtschaftliche Schieflage. Standesvertreter haben schon einen Vorschlag in petto. Nach deutschem Vorbild fordern sie, Nacht- und Notdienste besser zu honorieren.
„Ausgaben für Kassenmedikamente steigen; Apotheker profitieren davon nicht“, warnt der österreichische Apothekerverband. Während sich Kassenausgaben von 1,746 (2005) auf 2,618 Milliarden Euro (2015) erhöht hätten, sei die Vergütung lediglich von 0,371 auf 0,433 Milliarden Euro angestiegen, heißt es in einer Mitteilung. Die wirtschaftlichen Folgen sind mittlerweile kaum noch zu übersehen.
„Zwei Prozent der Apotheken haben eine Eigenkapitalquote von mehr als 30 Prozent und eine Umsatzrentabilität von mehr als zehn Prozent. 19 Prozent der Apotheken haben eine negative Eigenkapitalquote. Das Negative an der Situation ist, dass auch Verluste erzielt werden“, sagte Peter Voithofer, Direktor der KMU-Forschung Österreich. Aktuellen Zahlen zufolge schreiben 31 Prozent aller Apotheken in der Alpenrepublik rote Zahlen: ein Trend, der sich ungebremst fortsetzt. Laut KMU liegt der Verlust bei 60 Prozent aller Betriebsstätten unter fünf Prozent. Weitere 25 Prozent befänden sich fünf bis zehn Prozent ihres Umsatzes in den Miesen, und bei 15 Prozent wären es mehr als zehn Prozent.
Zur Erklärung führen Betriebswirtschaftler sinkende Spannen bei Kassenrezepten an. Sven Abart, Direktor des Apothekerverbands, sagt: „2005 betrug diese Spanne 20,47 Prozent. 2015 waren es nur noch 15,67 Prozent.“ Durch degressive Margen, Sonderrabatte und Refundierungsmodelle für Krankenkassen hätte die Umsatzsteigerung des vergangenen Jahres kaum etwas bewirkt. Nachtdienste verschlimmern die Lage weiter. Pro Jahr versorgen Pharmazeuten im Rahmen von 100.000 Bereitschaften etwa 1,8 Millionen Patienten. Die jährlichen Kosten von rund 33 Millionen Euro tragen in erster Linie Apothekenleiter. Andere Versorgungsformen wie die ärztliche Hausapotheke (§ 29 ApoG) werden mit öffentlichen Geldern unterstützt. „Die Sparmaßnahmen bei Medikamenten bedrohen die Existenz des Gesundheitsnahversorgers Apotheke“, heißt es vom Verband. „Wir erheben die Forderung, dass die Nachtdienste teilweise von der öffentlichen Hand getragen werden. Die konkrete Forderung beläuft sich auf 15 Millionen Euro.“
Für ihre Idee ernten Funktionäre nicht nur Zustimmung. „Dass die Branche in Österreich ein Sanierungsfall sein soll, ist mir neu“, so Dieter Holzweber vom Hauptverband der Sozialversicherungsträger. Entsprechende Diskussionen hat Deutschland bereits hinter sich gelassen. In Österreich gilt der deutsche Nacht- und Notdienstfonds konzeptionell als gelungenes Beispiel zur Umsetzung.