Stammzellen haben die Fähigkeit, sich in viele Zelltypen des Körpers zu verwandeln und so Gewebe, Muskeln oder sogar das Gehirn zu erneuern und zu heilen. Dabei können sie zum Beispiel zum Neuron werden, bleiben aber einige Zeit reversibel.
Das Team um Ana Martin-Villalba vom Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) verfolgte Stammzellen auf ihrem Entwicklungsweg zu Neuronen. Die Forscher analysierten bei jedem Schritt, welche Gene eingeschaltet und von welchen tatsächlich neue Proteine abgelesen wurden.
Die Wissenschaftler hatten eigentlich erwartetet, dass Stammzellen einfach ihre Stammzellgene komplett abschalten, um zu einem Neuron zu werden. Aber sie fanden heraus, dass die Stammzellgene nicht abgeschaltet, sondern einfach auf Standby gesetzt wurden. Die Gene wurden zwar abgeschrieben, doch die Zellen nutzen diese Abschriften nicht zur Proteinproduktion. So fehlten der Zelle diejenigen Proteine, die die Multipotenz aufrechterhalten. „Um in diesen Standby-Modus zu gelangen und so den Entwicklungsweg zu einem Neuron zu starten, fahren Stammzellen das als „TOR“ bezeichnete innere Signal zurück, das sie anregt, sich zu teilen und zu vermehren“, sagt Ana Martin-Villalba.
Von der Stammzelle zum Neuron und zurück
Zu ihrer Überraschung fanden die Forscher auch heraus, dass Stammzellen immer mit einem „Rückflugticket“ reisen. Durch Ein- oder Ausschalten von TOR können die Zellen sich vom Stammzellstadium zum Neuron oder wieder zurück entwickeln. „So bleiben die Entscheidungen einer Stammzelle, ein Neuron zu werden, noch einige Zeit reversibel“, sagt Avni Baser, die Erstautorin der Publikation.
Im Normalfall verläuft die Reise von der Stammzelle in Richtung Nervenzelle. Es sei denn, es geht etwas schief: Wenn Stammzellen ihr TOR-Signal nicht richtig kontrollieren können, treten sie immer wieder die Rückreise an in Richtung Stammzellen. Dabei besteht langfristig die Gefahr, dass Hirntumoren entstehen. Tatsächlich ist bei vielen Krebsarten der Spiegel des TOR-Signals deutlich erhöht. Für einen künftigen Einsatz von Stammzellen in der Therapie und in der regenerativen Medizin ist es daher wichtig, die Kontrolle der TOR-Aktivität in Stammzellen genau zu verstehen.
Quelle: Pressemitteilung des Deutschen Krebsforschungszentrums
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