Patienten haben höhere Überlebenschancen, wenn sie bei Not-Operationen von einem älteren Chirurgen operiert werden. Das wollen Forscher jetzt in einer Studie herausgefunden haben. Die Empfehlung, junge Ärzte intensiver zu überwachen, wirkt angesichts der Zahlen allerdings voreilig.
Ein Thema beschäftigt Ärzte immer wieder: Wer ist der bessere Arzt? Der junge oder der erfahrene? Zuletzt hatte DocCheck über eine Kohortenstudie mit 736.537 Krankenhauseinweisungen und 18.854 Ärzten berichtet. Forscher fanden eine Assoziation zwischen dem Alter des Arztes und der 30-Tage-Mortalität von Patienten: Hatten Kollegen mehr Jahre auf dem Buckel, waren ihre Ergebnisse schlechter. Allerdings relativieren die Autoren, nach Berücksichtigung von Fallzahlen pro Arzt, gebe es keinen altersabhängigen Effekt mehr.
Yusuke Tsugawa von der David Geffen School of Medicine, Los Angeles, wollte hingegen wissen, wie es speziell bei nicht planbaren Notfall-OPs aussieht. Zusammen mit Kollegen hat er Daten von 892.187 Medicare-Patienten zwischen 65 und 99 Jahren analysiert. Diese wurden von 45.826 Chirurgen behandelt, die ihre Patienten zwischen 2011 und 2014 operierten. Dazu zählten nicht kardiovaskuläre Eingriffe (Hüft- und Oberschenkelfrakturen, Kolon-Resektionen, Cholezystektomien, sonstige Eingriffe an Gallenwegen, Laminektomien der Wirbelsäule, Entfernung peritonealer Verwachsungen, Frakturen oder Dislokationen der unteren Extremität mit Ausnahme von Hüfte oder Femur, Lungenresektionen, Hysterektomien, Amputation der unteren Extremitäten, Nephrektomien, Appendektomien, Dünndarmresektionen, Pankreasresektionen, Gastrektomien, Splenektomien und Ösophagusresektionen) sowie vier kardiovaskuläre Operationen (Karotisendarteriektomien, Herzklappenoperationen, Koronaroperationen, Arterienbypässe und Eingriffe nach einem Aortenaneurysma). Die 30-Tage-Mortalität lag bei 6,4 Prozent (56.803 Patienten).
Nach Anpassung für eine Reihe von Patienten-, Arzt- und Krankenhausmerkmalen, die Ergebnisse beeinflussen könnten, analysierte Tsugawa, welchen möglichen Effekt Alter oder Geschlecht des Chirurgen spielten. Zwischen Ärztinnen oder Ärzten gab es keine signifikanten Unterschiede. Allerdings schnitten ältere Chirurgen hinsichtlich der 30-Tage-Mortalität ihrer Patienten etwas besser ab:
Adjustierte operative Sterblichkeit von Patienten in Abhängigkeit vom Alter des Oprateurs © Tsugawa et al., BMJ, Open Access „Unser Befund, dass jüngere Chirurgen höhere Sterblichkeitsraten haben, legt nahe, dass mehr Aufsicht und Überwachung in der Karriere eines Chirurgen nützlich sein könnten und zumindest weitere Untersuchungen folgen sollten“, schreibt Tsugawa. Ihm ist bewusst, dass sie mit ihrer Beobachtungsstudie lediglich Assoziationen, aber keine Kausalitäten beweisen können. Sollte sich sein Verdacht erhärten, so Tsugawa, könnte ein Todesfall pro 333 Patienten durch mehr Training oder Aufsicht verhindert werden.