Es ist umstritten, ob E-Zigaretten bei der Rauchentwöhnung besser helfen, als andere Nikotinersatzprodukte. Neue Studienergebnisse legen nun nahe, dass die Erfolgsaussichten bei E-Zigaretten doppelt so hoch sind wie bei den anderen Ersatzprodukten. Wie bewerten Experten die Studie?
Zigaretten verursachen im Körper großen Schaden. Viele Raucher versuchen deshalb, von ihrem Laster loszukommen. Ob E-Zigaretten bei dem Schritt helfen, ist Thema zahlreicher Kontroversen. Laut einer der wenigen randomisierten Studien zum Rauchstopp zeigte das Dampfen gegenüber Nikotinpflastern und Placebos statistisch zwar nicht signifikante, aber doch erkennbare Vorteile. Und eine Cochrane Review fand Hinweise, dass E-Zigaretten beim Aufhören helfen könnten.
Peter Hajek von der Queen Mary University of London legt jetzt mit einer randomisierten kontrollierten Studie nach. Er rekrutierte 886 Raucher mit dem Wunsch nach Abstinenz. Zwölf Monate später hatten 18,0 Prozent der E-Zigaretten-Raucher ihr Ziel erreicht. In der Gruppe, die eine andere Nikotinersatztherapie nutzte, waren es nur 9,9 Prozent. Hajek bestätigte dies über biochemische Marker. E-Zigaretten führten aber zu mehr Hals- oder Mundreizungen (65,3 Prozent versus 51,2 Prozent) und Übelkeit (37,9 Prozent versus 31,3 Prozent). Es gab keine signifikanten Unterschiede zwischen den Gruppen hinsichtlich der Häufigkeit von Atemnot.
Bei der Studie fallen zwei Besonderheiten auf. Die verwendeten Liquids enthielten mehr Nikotin als kommerzielle Flüssigkeiten. Außerdem wurden die Probanden intensiv von Studienärzten betreut, was im Alltag so nicht stattfindet. Wie schätzen Experten die Veröffentlichung ein?
Der Streit geht weiter
„Die Ergebnisse der Studie von Hajek et al. belegen zum ersten Mal in einer groß angelegten klinischen Studie, dass die E-Zigarette einen wesentlichen Beitrag zum Rauchstopp leistet – verglichen mit dem bisher als ‚Goldstandard‘ angesehenen Weg“, sagt Prof. Heino Stöver, Geschäftsführender Direktor des Instituts für Suchtforschung Frankfurt (ISFF). Er kritisiert die bisherige Strategie beim Einsatz von E-Zigaretten: „Wir sollten nicht vorschnell Methoden aus dem ohnehin nicht prall gefüllten Köcher der Rauchstopp-Methoden werfen.“ Genau dies sei aber in Deutschland geschehen. Entsprechend dünn sähe die Studienlage aus. „Anders als in England gibt es nur wenige wissenschaftliche Studien zum Potenzial der E-Zigarette im Kontext des Rauchstopps“, so Prof. Stöver.
Prof. Sven Schneider vom Mannheimer Institut für Public Health, Sozial- und Präventivmedizin ist vom Dampfen als Weg aus der Abhängigkeit nicht überzeugt. Studien, in denen die Nutzung von E-Zigaretten unter realistischen und alltäglichen Bedingungen erfasst wird, zeigen, dass viele Raucher mithilfe der E-Zigarette ganz aufhören wollen zu rauchen. „Nach einer Zeit stellen sie aber fest, dass sie nunmehr beide Produkte parallel nutzen“, sagt der Experte. Das Aufhören gelänge somit häufig nicht. Schneider schätzt, dass sich Fachgesellschaften insgesamt einig seien, keine E-Zigaretten bei der Tabakentwöhnung einzusetzen. Alles andere seien abweichende Einzelmeinungen. Fest steht zum jetzigen Zeitpunkt wohl nur: Der wissenschaftliche Disput ist noch lange nicht zu Ende.
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