Wer Wirtschaftlichkeitsprüfungen und Regresse meiden will, sollte bei Verordnungen und Diagnosen im Fachgruppendurchschnitt bleiben. Wenn niedergelassene Ärztinnen und Ärzte sich an einige einfache Regeln halten, müssen sie auch keinen Regress fürchten.
Plausibilitätsprüfung, Wirtschaftlichkeitsprüfung und Regress – für viele niedergelassene Ärzte ist das die unheilige Dreifaltigkeit der Abrechnung. Wer durchschnittlich viel verordnet, durchschnittlich hohe Kosten verursacht und nicht auffällig zu lange oder zu schnell arbeitet, verschwindet üblicherweise unter dem Radar der Kassenärztlichen Vereinigungen.
Dagegen droht Ärztinnen und Ärzten, die aus dem Fachgruppendurchschnitt herausfallen, eine Wirtschaftlichkeitsprüfung. Das ist noch kein Grund zur Panik. Denn Sie bekommen die Gelegenheit, Stellung zu nehmen.
Vergleichen Sie sich: Morbiditätsstatistik
Zuallererst sollten Sie wissen, bei welchen Diagnosen oder Verordnungen Sie vom Fachgruppendurchschnitt abweichen. Denn so können Sie im nächsten Schritt leichter Praxisbesonderheiten geltend machen.
Die KV Nordrhein und die KV Sachsen-Anhalt veröffentlichen jedes Quartal eine Morbiditätsstatistik. Anhand dieser Statistik können Sie vergleichen, ob Sie manche Diagnosen signifikant häufiger stellen als Ihre Fachgruppe. Prüfen Sie besonders die Diagnosen mit kostspieligen Verordnungen, wie Hypertonie.
Die 10 häufigsten Diagnosen von Internisten und Allgemeinärzten sind zum Beispiel
Über alle Fachgruppen hinweg gilt: Muskel-, Skelett- und Bindegewebserkrankungen sind die häufigsten Diagnosen in deutschen Arztpraxen, gefolgt von Atemwegserkrankungen. Übrigens lohnt es sich auch schon vor einer Prüfung zu wissen, wie man im Fachgruppendurchschnitt abschneidet.
Haben Sie Abweichungen entdeckt, können Sie das als Chance nutzen. Weisen Sie nach, dass sich Ihr Patientenstamm von der typischen Klientel Ihrer Fachgruppe unterscheidet. Behandeln Sie überdurchschnittlich viele multimorbide Menschen oder Chroniker, haben Sie sich auf besondere Krankheitsbilder spezialisiert, oder ähnliches? Wenn sich Ihre überdurchschnittlichen Diagnosen, Behandlungen und Verschreibungen daraus erklären lassen, haben Sie nichts zu befürchten.
Falls Sie frisch niedergelassen sind, können Sie auch diesen Umstand als Praxisbesonderheit angeben. Dann nämlich, wenn Sie viele neue, unbekannte Patienten behandeln, was üblicherweise aufwändiger ist. Trotzdem müssen Sie natürlich wirtschaftlich verordnen.
Geht es nach Bundesgesundheitsminister Jens Spahn, sollen pro Quartal höchstens zwei Prozent der Ärzte auf die Wirtschaftlichkeit ihrer Verordnungen hin geprüft werden. Bislang sind es mindestens (!) zwei Prozent. Auch die Frist für die Rückwirkung soll halbiert werden. Krankenkassen könnten Rückforderungen in der Regel dann nur noch für zwei Jahre geltend machen.
Selbst wenn bei der Prüfung festgestellt wird, dass Sie unwirtschaftlich verordnet haben, droht noch kein Regress. Denn wer zum ersten Mal „auffällig“ geworden ist, wird zuallererst beraten. Häufig ist es Unwissenheit, die zu fehlerhaften oder unwirtschaftlichen Abrechnungen führt. Erst wenn nach der Beratung wieder Auffälligkeiten auftreten, kann die Prüfstelle das Honorar kürzen.
Die Erstberatung verjährt nach fünf Jahren. Wenn Sie also wegen einer Auffälligkeit beraten und danach fünf Jahre nicht mehr auffällig wurden, gelten Sie bei einem neuen Verstoß wieder als „Ersttäter“.
Diese Regel hat dazu geführt, dass Ärzte kaum noch „klassische“ Regresse fürchten müssen, weil sie unwirtschaftlich verordnet haben. Die größere Gefahr droht von Plausibilitätsprüfungen. Wie Sie diese vermeiden können, lesen Sie nächste Woche hier im Praxisärzte-Blog.
Wie geprüft wird und welche Zielgrößen gelten, unterscheidet sich von KV zu KV. Welche Erfahrungen haben Sie gemacht? Hinterlassen Sie uns einen Kommentar.
Wenn Ihnen eine Wirtschaftlichkeitsprüfung droht oder Sie sich von vorne herein absichern wollen, lassen Sie sich beraten. Die Rechtsberatung für niedergelassene Ärzte ist für Mitglieder des NAV-Virchow-Bundes kostenlos – dieser Service ist schon im Mitgliedsbeitrag inbegriffen. Genauso wie die über 80 Checklisten, Leitfäden und Musterverträge, mit denen Sie viel Zeit und Nerven im Praxisalltag sparen. Entdecken Sie hier alle Vorteile einer Mitgliedschaft.
Das könnte Sie auch interessieren: