Das Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG) hat wesentliche Auswirkungen auf die Arbeit der niedergelassenen Vertragsärzte. Das TSVG bietet Haus- und Fachärzten Anreize, mehr Leistungen für gesetzlich Versicherte anzubieten und schnellere (Erst-)Termine zu ermöglichen. Hausbesuche und die sprechende Medizin werden gefördert. Gleichzeitig wird das Risiko für Wirtschaftlichkeitsprüfungen und Honorarrückforderungen (Regresse) gesenkt.
Ärzte, die eine volle Zulassung beantragt haben, müssen nun mindestens 25 Sprechstunden anbieten. Einzelne Fachgruppen sollen fünf davon als offene Sprechstunden abhalten. Damit greift das TSVG direkt in die Abläufe in den Praxen ein.
Mit dem TSVG werden auch Zulassung und Bedarfsplanung neu geregelt, die Digitalisierung des Gesundheitswesens beschleunigt und neue Leistungen in den GKV-Katalog aufgenommen. Regeln rund um MVZ, Heilmittel, Hilfsmittelerbringer, Medizinprodukte und Kodierrichtlinien sind ebenfalls Teil des Gesetzes.
Im Praxisärzte-Blog beantworten wir häufige Fragen der niedergelassenen Ärzte. Noch mehr Antworten gibt es in der brandneuen Praxisinfo „Terminservice- und Versorgungsgesetz: Das ändert sich mit dem TSVG in der Praxis“.
Achtung: Viele Detailregelungen des Gesetzes müssen in den nächsten Wochen näher ausgearbeitet werden. Die obigen Antworten basieren auf Annahmen zum Stand April 2019 und haben keine verbindliche Gültigkeit. Über Änderungen halten wir Sie auf dem Laufenden – z. B. in unserem E-Mail-Newsletter.
Ja, jeder direkte Kontakt mit dem Patienten wird als Sprechstundenzeit gewertet. Ausgenommen sind Fahrtzeiten beim Hausbesuch.
Die KBV verhandelt in den nächsten Wochen mit dem GKV-Spitzenverband, für welche Fachgruppen diese Regelungen gelten. Das Ergebnis wird im Bundesmantelvertrag festgehalten. Voraussichtlich werden Frauenärzte, Orthopäden, HNO-Ärzte und Augenärzte zu offenen Sprechstunden verpflichtet.
Sie sind dazu verpflichtet, Termine an die Terminservicestelle zu melden. Wie viele Termine das sein müssen, welche Fristen gelten und andere Details müssen erst noch geregelt werden.
Im Gegenzug erhalten Sie ab dem 01.05.2019 eine extrabudgetäre Vergütung für alle Patienten, die über die Terminservicestelle vermittelt wurden. Zusätzlich gibt es ab dem 01.08.2019 Zuschläge auf die Versichertenpauschale für Hausärzte bzw. auf die Grundpauschale für Fachärzte von 50, 30 oder 20 Prozent. Die Höhe richtet sich nach der Wartezeit auf einen Termin.
Die Kassenärztlichen Vereinigungen sind verpflichtet, die Einhaltung der offenen Sprechstunden zu kontrollieren und ggf. auch rechtliche Schritte bis zum Entzug der Zulassung zu setzen.
Nein, wer weniger arbeiten will, kann dies tun. Sie müssen dann allerdings Ihre volle Zulassung zurückgeben und eine anteilige Zulassung (z. B. ¾) beantragen.
Ja, die Verpflichtung besteht für jeden Arzt. Bei einem halben Arztsitz müssen nur 2,5 Stunden pro Woche als offene Sprechstunde angeboten werden, bei einer Dreiviertel-Zulassung entsprechend 3,75 Stunden pro Woche.
Einiges. Neben Sprechstunden, Honorar und Regressrisiko gibt es neue Regeln zur Zulassung, die nun auf drei Viertel beschränkt werden kann. In MVZ können Arztstellen nur nachbesetzt werden, nachdem der Bedarf geprüft wurde. Angestellte Ärzte können dafür nun die Gründereigenschaft eines Vorgängers im MVZ übernehmen.
Dazu gibt es noch keine Vorgaben. Bis die entsprechenden Ausführungsbestimmungen vorliegen, heißt es abwarten.
Das Gesetz sieht erstmals ausdrücklich eine Nettobereinigung anstatt der bisherigen Bruttobereinigung für ein Jahr vor. Die zusätzliche Vergütung gibt es also tatsächlich „oben drauf“. Details und der Bereinigungsbeschluss liegen aber noch nicht vor.
Die konkreten Vorgaben, wie die neuen EGV-Leistungen abzurechnen sind, werden von der KBV und dem GKV-Spitzenverband in den kommenden Wochen festgelegt.
Im Gegenteil, es sinkt sogar. Bei Plausibilitätsprüfungen und Honorarrückforderungen wurde die Frist von vier auf zwei Jahre verkürzt, Zufälligkeitsprüfungen der Wirtschaftlichkeit entfallen, Praxisbesonderheiten bei Landarztpraxen werden anerkannt. Durchschnittswertprüfungen gibt es aber weiterhin.
Als Arzt mit vollem Versorgungsauftrag dürfen Sie nicht mehr als 12 Arbeitsstunden pro Tag bzw. 780 Stunden im Quartal abrechnen. Das wird in den Plausibilitätsprüfungen zugrunde gelegt. Wer 25 Sprechstunden anbietet und auch nicht mehr abrechnet, überschreitet diese Zahlen nicht.
Viele Ärzte leisten aber jetzt schon mehr als die geforderten 25 Stunden. Bei diesen Ärzten kommt es durch das TSVG zu keiner Veränderung, was die Zeiten anbelangt. Wer aber jetzt noch mehr Stunden leistet, noch mehr Leistung anbieten möchte, um viele Patienten extrabudgetiert vergütet zu bekommen, kann mit den Plausibilitätszeiten in Konflikt geraten. Zum Problem wird das weiterhin erst, wenn die abgerechnete Arbeitszeit im Schnitt mehr als 12 Stunden pro Tag beträgt bzw. 780 Stunden im Quartal.
Der NAV-Virchow-Bund setzt sich dafür ein, die Plausibilitätsprüfung abzuschaffen. Bei Fragen zu Ihren Zeitprofilen und zur Regressgefahr können Sie sich gerne an unsere Rechtsberatung wenden. Noch kein Mitglied? Dann können Sie in nur 3 Minuten online Mitglied werden und sich sofort den Zugang zur kostenlosen Rechtsberatung für Mitglieder sichern.
Noch mehr Tipps, Hinweise und Hintergrundinformationen geben wir in unserer neuen Praxisinfo „Terminservice- und Versorgungsgesetz: Das ändert sich mit dem TSVG in der Praxis“. Die Praxisinfo ist Teil der Rechtsberatung für Mitglieder des NAV-Virchow-Bundes.
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