Wenn Patienten vor Untersuchungen oder Behandlungen nicht ausreichend aufgeklärt werden und später gesundheitliche Schäden davontragen, haben sie möglicherweise Anspruch auf Schmerzensgeld und Entschädigung. Als Arzt in der Praxis oder Klinik können Sie sich aktiv gegen dieses Risiko schützen. Mit diesen Tipps sind Sie auf der sicheren Seite.
Mit der Diskussion um die Widerspruchslösung bei der Organspende rückt auch die ärztliche Aufklärung wieder in den Fokus der Berichterstattung. Zuletzt urteilte der Bundesgerichtshof (BGH) (Az.: VI ZR 318/17 und VI ZR 495/16 vom 29.01.2019), dass Ärzte vor einer Lebend-Organspende umfassend über alle Risiken aufklären müssen. Der BGH gab im Schadensersatzprozess zwei Patienten Recht, die seit einer Nierenspende an einer Essener Klinik eine Niere unter chronischer Erschöpfung (Fatigue-Syndrom) und eingeschränkter Nierenfunktion leiden. Die Ärzte hatten die Patienten nur unvollständig aufgeklärt.
Egal, ob Sie in einer Klinik oder einer Praxis arbeiten – diese 4 Grundsätze der ärztlichen Aufklärung sollten Sie immer beachten:
Ist die Behandlung oder Untersuchung, über die Sie aufklären, überhaupt indiziert? Prüfen Sie das. Denn wenn der Eingriff zwar erwünscht aber nicht indiziert ist, müssen Sie besonders genau und nachdrücklich über die Risiken aufklären und das auch nachweisen können. Auch wenn der Patient per Überweisung zu Ihnen gekommen ist, sollten Sie die Indikation gründlich checken.
Klären Sie Ihre Patienten persönlich auf. Formulare, Informationsblätter und Co. können dabei unterstützen, aber die Kommunikation von Mensch zu Mensch nicht ersetzen. Darum ist das Aufklärungsgespräch auch gesetzlich vorgeschrieben.
Ein Aufklärungsgespräch zwischen Tür und Angel, im Wartezimmer oder im Empfangsbereich erfüllt den eigentlichen Zweck nicht – nämlich, dass Patienten Fragen stellen und die Konsequenzen ihrer Entscheidung erfassen können. Auch wenn der Praxisalltag lang und anstrengend ist, sollten Sie sich für das Aufklärungsgespräch genügend Zeit nehmen. Dieses Gespräch lässt sich auch nicht delegieren. Hier geht es um das Vertrauen zwischen Arzt und Patient.
Als Arzt bzw. Ärztin sind Sie dafür verantwortlich, dass der Patient vollumfänglich über die Risiken einer geplanten Untersuchung oder Behandlung aufgeklärt wird. Wichtig ist, dass Sie die Aufklärung dokumentieren – auch, um späteren Beschwerden und Schadensersatzansprüchen entgegenzutreten. Lassen Sie sich den Aufklärungsbogen unterschreiben und geben Sie dem Patienten eine Kopie mit.
Die häufigsten Beschwerden von Patienten nach dem Aufklärungsgespräch können Sie also ganz einfach vermeiden:
Tipp: Halten Sie sich klar an den Aufklärungsbogen. So vergessen Sie nichts, weder im Gespräch noch in der Dokumentation. Es gibt allerdings Krankheitssituationen, wo Sie über die Standards des Aufklärungsbogens hinausgehen müssen und individuelle Risiken ansprechen müssen.
Kommunizieren Sie deutlich und nennen Sie auch Zahlen. Auch wenn Sie die Patienten schützen oder nicht überfordern möchten: Bleiben Sie immer bei der Wahrheit und verharmlosen Sie Risiken nicht.
Mit einem vom Patienten unterschriebenen Aufklärungsbogen in Ihren Unterlagen können Sie das Gegenteil beweisen.
Aufklärung ist eine ärztliche Aufgabe. Delegieren Sie sie nicht – höchstens an andere Ärzte.
Befolgen Sie unseren Tipp zwei und nehmen Sie sich Zeit. Verlangen Sie von Ihren Patienten keine sofortige Entscheidung. Lassen Sie sie mindestens eine Nacht darüber schlafen. Beherzigen Sie auch Tipp drei und händigen Sie dem Patienten eine Kopie des Aufklärungsbogens aus.
Geht es in dem Aufklärungsgespräch um eine privatärztliche Leistung, sollten Sie zusätzlich mit Ihrem Patienten einen Behandlungsvertrag schließen. Muster-Behandlungsverträge für privatärztliche Leistungen können Sie als Mitglied im NAV-Virchow-Bund herunterladen und sich kostenlos von einer erfahrenen Rechtsanwältin beraten lassen.
Haben Sie noch andere Beschwerden von Patienten bezüglich der Aufklärung erhalten? Hinterlassen Sie uns einen Kommentar.
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