Eine Frau hat tagelang hohes Fieber. Sie ist nicht ansprechbar, schweißnass und völlig dehydriert. Die Klinikärzte sind ratlos, keine Therapie schlägt an. Aber eine Diagnose aus der Vergangenheit führt sie auf die richtige Spur.
In der Notaufnahme einer Klinik wird eine 67-jährige Frau vorstellig. Seit drei Tagen hat sie hohes Fieber und ist kaum ansprechbar. Bei der Aufnahme ist sie schweißnass, dehydriert und somnolent. Zu ihrer Krankengeschichte gehört Hashimoto-Thyreoditis, Typ-2-Diabetes und das Parkinson-Syndrom.
Laboruntersuchungen geben Hinweise auf ein prärenales akutes Nierenversagen und zeigen eine Leukozytose an. Zudem sind die Creatinkinase-Werte erhöht. Eine Infektion des zentralen Nervensystems kann mittels Liquoruntersuchung ausgeschlossen werden. Da der Röntgen-Thorax auf eine Atelektase der Lunge hindeutet, vermuten die Ärzte eine Pneumonie und geben der Frau Antibiotika.
Doch ihre Beschwerden werden trotz Antibiotika-Therapie nicht besser. Die Ärzte beunruhigt, dass die 67-Jährige weiterhin hohes Fieber hat. Sie veranlassen ein Ganzkörper-CT, können aber keinen möglichen Infektionsherd ausmachen. Tests auf verschiedene Erreger, wie dem Cytomegalovirus und Eppstein-Barr-Virus, sind negativ. TSH-, Leberenzym- und Vitamin-B12-Werte sind im Normbereich.
Über neun Tage verbessert sich ihr Zustand nicht. Die Frau hat weiterhin Fieber und Bewusstseinsstörungen, inzwischen zudem Rigor, Hypertonie und Tachykardie. Die Ärzte behandeln sie mit intravenöser Flüssigkeitszufuhr, Paracetamol und Kühlpacks. Doch bald kommt einem der Ärzte die zündende Idee.
Die Parkinson-Diagnose war den Ärzten zuvor nicht als mögliche Ursache für den Zustand ihrer Patientin in den Sinn gekommen. Doch beim plötzlichen Absetzen von dopaminergen Parkinsonmitteln kann es zum malignen Dopa-Entzugssyndrom kommen. Leitsymptome sind hohes Fieber, Rigor, Akinese und Bewußtseinsstörungen sowie Zunahme der Creatinkinase. Das Problem ist allerdings, dass die Frau schon sehr lange keine Parkinson-Medikamente mehr eingenommen hat. Zwar wurde nach ihrer Diagnose knapp 20 Jahre zuvor Levodopa verschrieben, doch damit ließen sich die Symptome nicht richtig in den Griff bekommen.
Erst das Einsetzen eines „Hirnschrittmachers“ (Tiefenhirnstimulation, Deep Brain Stimualtion, DBS) vor sieben Jahren konnte die Symptome lindern. In der Krankenakte finden die Ärzte allerdings keinen Hinweis darauf, dass die Batterien des Geräts seit dem Einsetzen gewechselt wurden. Denn: So ein Impulsgenerator hat nur eine begrenzte Batteriedauer von drei bis fünf Jahren. Nun sind sich die Ärzte sicher.
Zwar leidet die Frau nicht direkt am malignen Dopa-Entzugssyndrom, weil auch die jetzige Gabe von Levopoda die Beschwerden nicht lindern kann. Vielmehr ist der Entzug der Tiefenhirnstimulation der Auslöser ihrer Beschwerden, die Ärzte nennen es „Tiefenhirnstimulation-Entzugssyndrom“ (engl. DBS Withdrawal Syndrome). Zwei Wochen nach ihrer Einlieferung werden die entladenen Batterien des Impulsgenerators ausgewechselt. Ihr Zustand bessert sich bereits nach Stunden. Bald kann die Patientin beschwerdefrei entlassen werden.
Die Ärzte weisen in ihrem Bericht darauf hin, dass die beschriebenen Symptome leicht mit dem fortgeschittenen Stadium der Parkinson-Krankheit verwechselt werden können. Die Medikation und Therapie von Parkinson-Patienten sollte daher stets berücksichtigt werden.
Textquelle: Azar J et al., BMJ Case ReportsBildquelle: Visor69, pixabay