2,1 Millionen Dollar kostet die einmalige Behandlung mit Zolgensma®. Das Medikament wurde nun von der FDA zugelassen und soll zur Behandlung der spinalen Muskelatrophie eingesetzt werden. Es steht somit auf Platz eins der Liste der Hochpreiser. Ein Ranking der teuersten Medikamente.
Am 24. Mai hat die US Food and Drug Administration ein Präparat zur Behandlung der spinalen Muskelatrophie zugelassen. Mit einem Fall auf 10.000 Lebendgeburten gehört das Leiden zu den seltenen Erkrankungen. Beim häufigsten Subtypen ist das SMN1-Gen betroffen. Muskeln verkümmern, und viele Patienten sterben vor dem zweiten Lebensjahr. Das betroffene Gen codiert für ein Protein, das zum Überleben von Motoneuronen, also Nervenzellen zur Kontrolle von Muskeln, erforderlich ist.
Novartis setzt hier mit dem Gentherapeutikum Zolgensma® (onasemnogenes Abeparvovec-xioi) an. Als Vektor kommen Adeno-assoziierte Viren (AAV) zum Einsatz. Sie transportieren eine voll funktionsfähige Kopie des menschlichen SMN-Gens in Motoneuronen. Das Gen wird vor Ort exprimiert und es entstehen funktionsfähige Proteine.
Für eine klinische Studie wurden 36 pädiatrische Patienten mit spinaler Muskelatrophie rekrutiert. Sie erhielten das Gentherapeutikum im Alter von zwei Wochen bis acht Monaten, wobei Forscher das Körpergewicht zur Ermittlung der jeweiligen Dosis berücksichtigten. Der primäre Wirksamkeitsnachweis basiert auf Ergebnissen mit 21 Patienten. Bei ihnen verbesserten sich unter anderem die Kopfkontrolle und die Fähigkeit, ohne Unterstützung zu sitzen. Die häufigsten Nebenwirkungen sind erhöhte Leberenzym-Werte und Erbrechen. Zusätzliche Daten sollen folgen, die klinische Studie läuft weiter.
Aufgrund der Daten und der fehlenden Alternativen sprach die FDA eine beschleunigte, erleichterte Zulassung aus. Die Zielgruppe sind Kinder unter zwei Jahren mit spinaler Muskelatrophie, unabhängig vom Genotyp. Als Preis nennen US-Medien 2,1 Millionen Dollar (1,9 Millionen Euro) für fünf Jahre. Damit befeuert Novartis die alte Diskussion, wie teuer innovative Pharmaka eigentlich sein dürfen.
Laut „Zeit“ seien Novartis' Preisvorstellungen bei der FDA zunächst auf Widerstand gestoßen. Der Hersteller hat die Behörde wohl aufgrund niedrigerer Gesamtkosten überzeugt, denn mit der Einmalbehandlung entfalle die Langzeitbehandlung mit Kosten von mehreren Hunderttausend Dollar pro Jahr.
Tatsächlich gibt es aber Alternativen. Spinraza® (Nusinersen) von Biogen wurde Ende 2016 ebenfalls bei der Erkrankung zugelassen. Es wird per Lumbalpunktion in den Spinalkanal gespritzt. Im ersten Jahr sind 750.000 US-Dollar fällig, ab dem zweiten Jahr dann 375.000 US-Dollar. Der Konkurrent Roche setzt große Stücke auf Risdiplam als möglicherweise erstes orales Therapeutikum der Erkrankung.
Ein Blick auf weltweite Zahlen zeigt, dass es sich vom Trend her um keinen Einzelfall handelt. Welche teuren Arzneimittel gibt es noch?
Solche Statistiken spiegeln aber nur die halbe Wahrheit wider. Hohe Kosten pro Therapie führen nicht zwangsläufig zu hohen Ausgaben, weil die Verordnungszahlen möglicherweise recht niedrig sind. Der Arzneiverordnungsreport 2018 hat für Deutschland die höchsten Ausgaben der GKV bei Orphan-Arzneimitteln nach den höchsten Nettogesamtkosten geordnet:
Der Mengenfaktor ist in Preisdiskussionen immer zu berücksichtigen. Denn nicht der Einzelpreis ist entscheidend, sondern das verordnete Volumen.
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