Cistus incanus-Extrakte zeigten sich im Kampf gegen HI-Viren wirksam. Im Labor konnten sie die Viren inaktivieren, indem sie deren Andocken an die Wirtszelle verhinderten. Der pflanzliche Wirkstoff könnte eine wichtige Ergänzung zu bereits vorhandenen klinischen Mitteln darstellen.
Virale Infektionen sind für Ärzte nach wie vor eine große Herausforderung, obwohl zum Beispiel für HIV/AIDS etliche antivirale Wirkstoffe verfügbar sind. Doch gegen HIV/AIDS werden aufgrund von Resistenzbildung dringend neuartige Wirkstoffe benötigt und gegen Ebola- oder Marburg-Viren gibt es derzeit noch keine zugelassenen Präparate. Jetzt haben Prof. Dr. Ruth Brack-Werner und Dr. Stephanie Rebensburg vom Institut für Virologie des Helmholtz Zentrums München gezeigt, dass Extrakte aus „Cistus incanus“ virostatische Eigenschaften aufweisen.
Das Team um Brack-Werner arbeitete mit klinischen Isolaten des HI-Virus vom Typ 1 und 2, einschließlich eines HIV-Stammes, der gegen mehrere therapeutisch eingesetzte antivirale Wirkstoffe resistent ist. „Extrakte der Zistrose inaktivierten HI-Viren bei allen Experimenten“, sagt Brack-Werner. Sie blockieren virale Hüllproteine, womit das Andocken der Viren an die Wirtszellen verhindert wird. Selbst nach 24-wöchigen Labortests entstanden keine Resistenzen. „Unsere Ergebnisse zur anti-HIV-1-Wirkung von ‚Cistus incanus‘ liefern erste Hinweise, dass käuflich erhältliche Extrakte aus der Zistrose, oder anderen Pflanzen wie ‚Pelargonium sidoides‘ für die Entwicklung von neuartigen und wissenschaftlich fundierten Phytotherapeutika gegen HIV genutzt werden könnten“, sagt Brack-Werner. „Da die antivirale Wirkungsweise der von uns untersuchten Pflanzenextrakte sich von allen bisher klinisch eingesetzten Medikamenten gegen HIV-1 unterscheidet, wären solche Präparate eine wertvolle Ergänzung der Palette an etablierten Arzneistoffen“. Die Extrakte der Zistrose waren nicht nur gegen HIV sondern auch gegen Viruspartikel mit Hüllproteinen von Ebola- bzw. Marburg-Viren aktiv. Die Forscher fanden auch Hinweise dafür, dass Cistus-Extrakte viele antivirale Inhaltsstoffe enthalten, die in Kombination wirken könnten. Zusammen mit der antiviralen Aktivität von Cistus-Extrakten gegen Influenzaviren, belegen die Studienergebnisse die breite antivirale Wirkung von Cistus-Extrakten gegen wichtige humanpathogene Viren.
Die Entdeckungen eröffnen eine Reihe neuer Anwendungen im globalen Kampf gegen virale Infektionskrankheiten. Hierzu zählt etwa die Entwicklung von optimierten antiviralen Gemischen aus Pflanzenextrakten als Phytotherapeutika. Cremes oder Gels könnten als Mikrobizide die sexuelle Verbreitung von Erregern wie HIV verhindern, da Cistus-Extrakte die Infektiosität von Viruspartikel unterbinden. Darüber hinaus sind Cistus- und Pelargonium-Pflanzenextrakte vielversprechende Quellen für die Isolierung von neuen Wirkstoffklassen bzw. -Molekülen. Weiterführenden Arbeiten im Labor zielen auf die Untersuchung der antiviralen Aktivitäten dieser pflanzlichen Extrakte beim Menschen und die Charakterisierung ihrer antiviralen Inhaltsstoffe ab. Originalpublikationen: Potent in vitro antiviral activity of Cistus incanus extract against HIV and Filoviruses targets viral envelope proteins Stephanie Rebensburg et al.; Scientific Reports, doi: 10.1038/srep20394; 2016 The root extract of the medicinal plant Pelargonium sidoides is a potent HIV-1 attachment inhibitor. Markus Helfer et al.; PLOS ONE, doi: 10.1371/journal.pone.0087487; 2014