Das Pankreaskarzinom wird oft erst im metastasierten Zustand diagnostiziert. Nun stellen Forscher auf dem weltweit größten Onkologie-Kongress die erste zielgerichtete Therapie vor.
Das Pankreaskarzinom gehört mit jährlich etwa 17.000 Neuerkrankungen in Deutschland zu den selteneren Malignomen, liegt jedoch mit einem durchschnittlichen 5-Jahres-Überleben von nur 9-10 % auf dem vierten Platz der krebsbedingten Mortalität. Die Prognose ist in allen Stadien schlecht, häufig wird die Erkrankung erst im metastasierten Zustand diagnostiziert. Für einen kleinen Teil der Betroffenen hat sich nun eine neue Therapiemöglichkeit eröffnet. Auf dem weltgrößten Krebskongress in Chicago wurde die so genannte POLO-Studie vorgestellt, deren Ergebnisse zugleich auch im New England Journal of Medicine publiziert wurden.
In diese randomisierte, doppelblinde, placebokontrollierte Phase-III-Studie wurden Patienten mit einem metastasierten Pankreaskarzinom eingeschlossen, die unter einer vorgehenden platinhaltigen Chemotherapie mindestens nicht progredient waren und bei denen eine Keimbahn-BRCA-Mutation nachgewiesen werden konnte. Für diese Patienten kam im Rahmen der Studie eine Erhaltungstherapie mit dem PARP-Inhibitor Olaparib in Frage.
Olaparib hemmt die Poly(ADP-ribose)-Polymerase (PARP), was dazu führt, dass die Krebszelle Einzelstrangbrüche in ihrer DNA nicht mehr reparieren kann. Bei Patienten mit einer BRCA-Mutation ist zudem die homologe Rekombination als Mechanismus zur Reparatur von DNA-Schäden gestört. Auf diese Weise sammeln sich DNA-Schäden an, welche schließlich zum Zelltod führen. Diese Unfähigkeit, Schäden zu reparieren, ist vermutlich auch der Grund dafür, dass Malignome mit einer BRCA-Mutation sensibler für eine platinhaltige Chemotherapie sind bzw. für eine anschließende Erhaltungstherapie besonders in Frage kommen.
Im Rahmen der POLO-Studie wiesen von insgesamt 3315 gescreenten Patienten 247 (7,5%) eine Mutation in einem der beiden BRCA-Gene auf, welche mit einem höheren Risiko für Mamma- und Ovarialkarzinome, aber eben auch Bauchspeicheldrüsenkrebs assoziiert ist. Insgesamt 92 Patienten erhielten letztlich nach einer 3:2-Randomisation das Studienmedikament.
Als primärer Endpunkt diente das progressionsfreie Überleben, welches im Therapiearm signifikant verlängert war mit im Median 7,4 gegenüber 3,8 Monaten (HR 0,53; p=0,004). Der Anteil der Patienten ohne Fortschritt der Erkrankung war unter Olaparib mehr als doppelt so hoch wie im Kontrollarm (z.B. nach 6 Monaten: 53 % vs. 23 %), nach 24 Monaten zeigten immerhin 22,1 % weiterhin keinen Progress. Etwa ein Fünftel der Patienten zeigte ein messbares Ansprechen auf die Therapie, welches im Schnitt mehr als zwei Jahre anhielt (24,9 Monate). Zwei Patienten erreichten sogar eine zum Zeitpunkt der Publikation weiterhin anhaltende komplette Remission.
Ein signifikanter Vorteil hinsichtlich des medianen Überlebens konnte in einer vorläufigen Auswertung mit 18,9 vs. 18,1 Monaten (HR 0,91, p= 0,68) (noch) nicht gezeigt werden. Hier sind Follow-Up-Analysen abzuwarten. Zudem sind diese Ergebnisse womöglich durch Folgetherapien beeinflusst; immerhin neun Patienten des Placebo-Arms erhielten nach Progress ebenfalls einen PARP-Inhibitor. Darüberhinaus erwies sich die Therapie mit Olaparib als verhältnismäßig verträglich und nebenwirkungsarm.
Letztlich handelt es sich hierbei um die möglicherweise erste zielgerichtete Therapie für eine bestimmte Subgruppe dieser Erkrankung. Aus diesen Erkenntnissen ergeben sich jedoch auch weitere Fragen: Sollen wir zukünftig alle Patienten auf BRCA-Mutationen testen? Gibt es weitere geeignete Biomarker? Wie hoch ist das tatsächliche Risiko des Trägers einer BRCA-Mutation, an einem Pankreaskarzinom zu erkranken? Diese Fragen werden weitere Studien beantworten müssen.
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