Bei Phase-1-Tests mit BIA 10-2474 im französischen Rennes war ein Proband verstorben. Die Zeitung „Le Figaro“ veröffentlicht jetzt Dokumente. Dabei zeigen sich einige Schwächen im Studiendesign. Wollte Biotrial Zeit sparen, um schnell die Phase 2 zu beginnen?
Glücklicherweise hat der letzte Proband in Rennes das Klinikum verlassen. Bei Phase-1-Studien mit dem Präparat BIA 10-2474 war es zu verhängnisvollen Zwischenfällen gekommen. Fünf Patienten mussten mit neurologischen Beschwerden in die Klinik gebracht werden, eine Person starb. Bei weiteren 84 Probanden traten keine Besonderheiten auf. Während Behörden den Zwischenfall nach wie vor untersuchen, prescht die französische Zeitung „Le Figaro“ nach vorne. Journalisten veröffentlichten auf ihrer Website diverse Studienprotokolle. Zuvor hatte Bial als Hersteller trotz vollmundiger Transparenz-Versprechen keine Daten veröffentlicht. Französische Aufsichtsbehörden weigerten sich ebenfalls, Details über die bewilligte Studie zu nennen.
Das Dokument von „Le Figaro“ zeigt mehrere Besonderheiten: Biotrial sollte im Auftrag von Bial den Effekt einzelner und multipler Dosen von BIA 10-2474 testen, inklusive Placebo. Ein weiteres Ziel war, mögliche Wechselwirkungen mit Nahrungsmitteln zu untersuchen. Laut Protokoll gab es keine zeitlichen Einschränkungen. Mehrere Teilstudien liefen parallel ab. Biotrial sah auch vor, nach der Einzelgabe des neuen Wirkstoffs lediglich 24 Stunden zu warten. Seitdem bei Phase-1-Studien mit dem monoklonalen Antikörper TGN1412 ähnliche Pannen passiert waren, fordern Experten größere Abstände – ein Tag wird kaum ausreichen. Gegenüber „Le Figaro“ spekuliert ein Wissenschaftler, der Dienstleister habe Zeit sparen wollen, um schneller mit Phase-2-Studien zu beginnen. Beweise gibt es aber nicht. Schwerwiegende Nebenwirkungen traten bei der Gruppe mit Mehrfachapplikationen auf. Alle anderen Probanden blieben unversehrt.
Nicht nur Biotrial und Bial stehen wegen mangelnder Transparenz in der Kritik. Europa hat hier ebenfalls Nachholbedarf. „Jede Studie in der EU – auch jede Phase-I-Studie – wird automatisch mit dem Genehmigungsantrag registriert, in der Studiendatenbank der Arzneimittelbehörden, EudraCT“, sagt Dr. Siegfried Throm, dem Geschäftsführer Forschung/Entwicklung/Innovation beim vfa. Momentan können nur Behörden oder Ethik-Kommissionen auf die Einträge zugreifen. Im Zuge der europäischen Clinical Trials Regulation soll sich das ändern. Throm zufolge stehen ab 2018 alle Daten über ein neues Portal zur Verfügung. Schlechte Studienprotokolle werden dadurch wohl kaum optimiert. Die Aufarbeitung wird noch Monate in Anspruch nehmen.