Der Schwangerschaftsabbruch ist einer der häufigsten chirurgischen Eingriffe in der Gynäkologie. Medizinstudenten kritisieren: Im Lehrplan vieler Unis kommt das Thema kaum vor. Seminare beschränken sich oft auf ethische Konflikte. Eine Hochschulgruppe übt deswegen an Papayas.
Mithilfe von Papayas will die Initiative „Medical Students for Choice“ (MSFC) das Thema Schwangerschaftsabbruch aus der Tabu-Ecke holen. In Berlin organisiert die Hochschulgruppe jedes Semester Kurse, bei denen Absaugungen ganz konkret an Papayas geübt werden. Die Frucht eignet sich, da ihre Form an einen Uterus erinnert und sich die Kerne absaugen lassen. So kann nachvollzogen werden, ob der Eingriff richtig durchgeführt wurde. Außerdem soll das feinmotorische Hantieren an der weichen Frucht geschult werden. MSFC möchte so sicherstellen, dass es auch in Zukunft genügend Mediziner gibt, die den Eingriff routiniert durchführen können.
Wer in Deutschland Medizin studiert und Gynäkologe werden möchte, hört im Studium zu diesem wichtigen Thema oft fast gar nichts. Seminare beschränken sich häufig auf ethische und rechtliche Konflikte. Welche Methoden es gibt, was beachtet werden muss und wie eine Abtreibung konkret durchgeführt wird, bleibt meist unbeantwortet, kritisieren Studenten. Dies lernen angehende Mediziner häufig nur, wenn sie viel Eigeninitiative zeigen. Grund dafür dürften die geltenden rechtlichen Rahmenbedingungen sein: Trotz einiger Ausnahmen gelten Schwangerschaftsabbrüche laut § 218 StGB in Deutschland noch immer als rechtswidrig.
In Deutschland ist ein Schwangerschaftsabbruch (nach einer verpflichtenden Beratung) innerhalb der ersten zwölf Wochen bzw. drei Monate einer Schwangerschaft straffrei, bleibt aber verboten („rechtswidrig“). Ist die Gesundheit der Mutter gefährdet oder die Schwangerschaft durch kriminelle Handlungen entstanden, gibt es Ausnahmeregelungen. Ziel der MSFC-Kurse sei explizit nicht, Werbung für Abtreibungen zu machen oder Studenten zu überzeugen, Schwangerschaftsabbrüche durchzuführen. Die Motivation sei vielmehr, dass sich angehende Ärzte möglichst früh mit dem Thema befassen. Jeder Gynäkologe muss sich irgendwann für oder gegen diese Form von Eingriff entscheiden. Dieser moralische Reifungsprozess sollte früher angestoßen werden, so die Vertreter der Initiative.