Nitrate, wie sie unter anderem in Blattgemüse vorkommen, schützen Risikopatienten vor einem Offenwinkelglaukom. Als Grund sehen Forscher gefäßerweiternde Eigenschaften von Stickstoffmonoxid: ein Impuls für neue Medikamente.
Über 90 Prozent aller Glaukompatienten in Deutschland leiden an einem primären chronischen Offenwinkelglaukom. Ab dem 40. Lebensjahr treten bei Betroffenen degenerative Veränderungen auf und der Abflusswiderstand im Trabekelsystem erhöht sich. Schließlich steigt der Augeninnendruck, was zu Durchblutungsstörungen des Nervus opticus führt. Unbehandelt erblinden Patienten früher oder später. Da Offenwinkelglaukome familiär gehäuft auftreten, sprechen Wissenschaftler heute von genetischen Risikofaktoren. Umso wichtiger wären Möglichkeiten zur Prophylaxe.
Forscher am Brigham & Women's Hospital in Boston berichten jetzt von einem neuen Ansatz. Jae Kangs These war, dass Stickstoffmonoxid (NO) vasodilatatorisch wirkt und den Augeninnendruck beeinflusst. Gemüse wie Rucola und andere Blattsalate, Spinat, Kohlrabi, Rote Beete, Radieschen und Rettich speichern viel Nitrat als natürliche Quelle von NO. Hier liegt der Anteil bei 1.000 bis 4.000 Milligramm pro Kilogramm. Um den Einfluss von Nahrungsmitteln auf Offenwinkelglaukome zu untersuchen, wertete Kang Daten der Nurses' Health Study mit 63.893 Frauen aus. Hinzu kam die Health Professionals Follow-up Study mit 41.094 Männern. Teilnehmer hatten in beiden Fällen detaillierte Angaben über ihre Ernährungsgewohnheiten gemacht. Auf dieser Basis war es möglich, die tägliche Nitrataufnahme abzuschätzen. Innerhalb der Kohorten fand Kang 1.483 Patienten mit einem primären chronischen Offenwinkelglaukom.
Tatsächlich gab es einen Zusammenhang. Personen, die 240 Milligramm Nitrat pro Tag aufnahmen, erkrankten im Vergleich zur Gruppe mit 80 Milligramm pro Tag zu 21 Prozent seltener am Augenleiden. Der Unterschied war statistisch signifikant. Bei Skotomen als Folge eines Glaukoms zeigten sich noch stärkere Effekte. Wer 240 Milligramm Nitrat aufnahm, hatte um 44 Prozent seltener mit Gesichtsfeldausfällen zu kämpfen als bei 80 Milligramm. Zum Vergleich: Verbraucher in Deutschland nehmen durchschnittlich 90 bis 100 Milligramm Nitrat pro Tag auf.
Aus ihrer Studie leiten Jae Kang und Kollegen aber keineswegs Ernährungsempfehlungen ab. Nitrate bergen in höherer Dosierung gesundheitliche Risiken. Werden sie zu Nitrit reduziert, bilden sich zusammen mit organischen Molekülen krebserregende Nitrosamine. Die Daten unterstützen jedoch aktuelle Forschungsprojekte: NO-Donatoren könnten sich zur Prophylaxe und Therapie von Offenwinkelglaukomen eignen.