Jeder fünfte MFA-Azubi bricht die Ausbildung ab. Dabei haben Praxisärzte gute Chancen, das zu verhindern.
Anfang August startet das Ausbildungsjahr für die meisten Azubis in Deutschlands Arztpraxen. Die Berufsausbildung zum/zur MFA ist immer noch beliebt. Doch hat die Ausbildung erst begonnen, sinkt diese Beliebtheit. Etwa jeder fünfte Azubi bricht die MFA-Ausbildung ab, oft noch in der Probezeit. Und einer von zehn Azubis wechselt mindestens einmal während der Ausbildung den Arbeitgeber. Das zeigt: Auch für Praxisärzte gibt es viel Verbesserungsbedarf bei der Ausbildung der medizinischen Fachangestellten.
Viel Ärger können Sie sich als Praxisinhaber ersparen, wenn Sie schon bei der Auswahl der zukünftigen Auszubildenden Zeit investieren. Je früher und engagierter Sie sich selbst um die Werbung für die Ausbildung in Ihrer Praxis kümmern, desto höher ist auch die Chance, die jahrgangsbesten Schülerinnen und Schüler zu erreichen.
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Tipp: Damit Sie nicht die Katze im Sack anheuern müssen, setzen Sie sich auch mit der Schule und den Eltern Ihrer zukünftigen Azubis in Verbindung. Ein Eignungstest, wie ihn einige Ärztekammern und KVen anbieten, oder eine Probearbeitswoche können auch helfen, um festzustellen, ob der Azubi überhaupt für die Ausbildung geeignet ist. Speziell die Probearbeit hilft auch den jungen Menschen, ihre Vorstellungen vom Beruf mit der Realität abzugleichen.
Mehr über Schülerpraktika in Arztpraxen erfahren Sie in unserer gleichnamigen Praxisinfo. Einen Überblick über sämtliche Praxisinfos exklusiv für Mitglieder im NAV-Virchow-Bund finden Sie hier.
Die Erwartungen, die Praxisärzte an ihre MFA-Azubis haben, und die Erwartungen der Azubis an die Ausbildung und Arbeit in einer Praxis driften oft weit auseinander. Dazu kommt, dass für die meisten Azubis ihre Ausbildung nicht unbedingt auf Position 1 der Prioritätenliste steht. Freunde, Freizeit und Vergnügen konkurrieren mit der anstrengenden Arbeit. Die Hormone und das Erwachsenwerden tun ihr Übriges.
Niedergelassenen Ärzten sollte bewusst sein, dass sich die Lebenswelt ihrer Azubis stark von ihrer eigenen unterscheidet und dass es darum umso nötiger ist, unterschiedliche Erwartungen zu adressieren. Ansonsten kommt es schnell zu Frust und Enttäuschung auf beiden Seiten. Vor allem aber sollten Sie auch Geduld und Toleranz beweisen. Sie waren schließlich auch einmal jung, oder?
Im anspruchsvollen Alltag einer Arztpraxis fehlt häufig die Zeit, sich intensiver mit der Ausbildung der Mitarbeiter auseinanderzusetzen. Dennoch ist es genau hier wichtig, am Ball zu bleiben. Investieren Sie nicht nur Zeit darin, Ihre Mitarbeiter zu instruieren, sondern suchen Sie auch immer wieder das Gespräch. Nur dann können Sie in Erfahrung bringen, warum ein eigentlich positives Ausbildungsverhältnis plötzlich ins Negative kippt und Gegenmaßnahmen ergreifen.
Zusätzlich sollten Sie immer wieder den Kontakt zur Berufsschule suchen. Bringen Sie in Erfahrung, wie sich Ihre Azubis dort verhalten. Informieren Sie sich auch über die anstehenden Lehrinhalte und mögliche Defizite, die Sie im praktischen Teil der Ausbildung ausgleichen sollten.
Tipp: Setzen Sie sich einen regelmäßigen Termin, um das Berichtsheft Ihrer Azubis abzuzeichnen und verbinden Sie diesen mit einem Gespräch. Wichtig ist, dass Sie sich auch für die Perspektive Ihrer Azubis interessieren. Was gefällt diesen an der Ausbildung in der Praxis und der Schule, was nicht? Können Sie als Arbeitgeber etwas an diesen Punkten ändern? Oder die Notwendigkeit einer bestimmten Regel nachvollziehbar erklären und so das Frustpotential senken?
Wenn Wertschätzung und Unterstützung fehlen, steigt die Unzufriedenheit und damit die Chance, dass Ihre Azubis abbrechen. Statt ungehalten über Schwächen zu reagieren, sollten Sie Ihre Mitarbeiter motivieren, sich zu verbessern. Fällt Ihren Azubis etwa das selbstständige Lernen schwer, können sie ausbildungsbegleitende Hilfen (abH) in Anspruch nehmen. Diese speziellen Förderungen für Nachhilfe und Co. werden von der Bundesagentur für Arbeit angeboten.
Sind die Azubis vom Stress des Praxisalltags überfordert, kann vielleicht die Reduktion auf eine Teilzeitstelle helfen. Viele Azubis wissen nicht, dass sie sich auch in Teilzeit für den MFA-Beruf ausbilden lassen können.
Tipp: Vor wichtigen Prüfungen sollten Sie Ihre Azubis kurzzeitig von der Arbeit in der Praxis freistellen. Das erspart beiden Seiten unnötige Aufregung und blank liegende Nerven. Sehr gute Prüfungsergebnisse dürfen Sie natürlich auch belohnen.
Auch wenn Sie all diese Tipps beherzigt haben, kann es sein, dass Sie oder Ihr Azubi sich schließlich doch dazu entscheiden, das Ausbildungsverhältnis zu beenden. Hier gilt: Lieber ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende.
Wenn die Kündigung von Ihnen ausgeht, müssen Sie spezielle Regeln bei Ausbildungsverhältnissen mit Minderjährigen beachten. Mehr dazu erfahren Sie in der Praxisinfo „Ausbildung zur/zum Medizinischen Fachangestellten“ des NAV-Virchow-Bundes.
Wenn Ihr Azubi den ersten Schritt getan hat, versuchen Sie es nicht persönlich zu nehmen. Lernen sie aber daraus. Woran lag es? Gibt es etwas, das Sie beim nächsten Mal anders machen sollten?
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