Nahrungsergänzungsmittel können sich sowohl positiv als auch negativ auf den Körper auswirken. Das gilt besonders für Patienten in Dauertherapie. Hier eine Übersichtsliste.
Bestimmte Arzneimittelwirkstoffe beeinflussen die Versorgung des Körpers mit Vitaminen und Mineralstoffen. Letzte Woche gab es hierzu den ersten allgemeinen Teil. Jetzt folgt eine Liste, in der ich die wichtigsten und häufigsten Auswirkungen für Patienten in Dauertherapie vorstelle. Der Übersichtlichkeit halber habe ich nach Arzneimittelgruppen sortiert. Folgende Medikamente können für Störungen bei der Aufnahme oder Verwertung der Mikronährstoffe im Körper sorgen:
Theophyllin stört den Vitamin-B6-Stoffwechsel, daher ist eine Supplementierung des Vitamins zusammen mit Folsäure und Vitamin B12 anzuraten. Vitamin B6 ist ein wichtiger Bestandteil von Enzymen und an fast 100 Stoffwechselvorgängen beteiligt.
Beta-Lactam-Antibiotika erhöhen die Ausscheidung von L-Carnitin über die Niere, Tetrazykline die von Ascorbinsäure. Letzteres stört ebenso die Aufnahme von Calcium, Magnesium, Eisen und Zink.
Cephalosporine hemmen den Vitamin-K-Stoffwechsel.
Die Einnahme von Cotrimoxazol und Trimethoprim kann zu einem Folsäuremangel führen. Außerdem steigt unter der Therapie mit Cotrimoxazol die Gefahr einer Hyperkaliämie.
Aminoglykoside können schwere Magnesiummangelzustände auslösen.
Chloramphenicole hemmen die Reifung von roten Blutkörperchen, und haben damit einen negativen Einfluss auf die Wirkung von Vitamin B12 und Folsäure.
Bei der Einnahme von Amphotericin B werden Magnesium und Kalium schlechter rückresorbiert.
Zu einem Carnitinmangel kann es unter einer Therapie mit Pivampicillin kommen.
Trizyklische Antidepressiva führen bei regelmäßiger Einnahme zu einem Mangel an Vitamin B2 und stören den Coenzym-Q10-Status.
Die Iodaufnahme und dessen Einbau in die Schilddrüsenhormone wird durch Lithium gestört.
Insbesondere Metformin hemmt die aktive Aufnahme von Vitamin B12 im Darm, das steigert das Risiko von Diabetikern, an Nervenschäden oder Gefäßkomplikationen zu erkranken. Auch der Folsäurestatus wird negativ beeinflusst.
Die Ausscheidung von Magnesium über den Harn ist gesteigert. Magnesium sollte daher, wie auch Vitamin C und Vitamin D, supplementiert werden.
Antiepileptika wie Carbamazepin, Phenytoin, Phenobarbital und Primidon senken den Vitamin-D-Spiegel derart, dass Patienten mit Epilepsie ein 2-6 Mal höheres Risiko für Knochenfrakturen als die Normalbevölkerung haben. Die Wahrscheinlichkeit einer Fraktur ist also vergleichbar mit den Patienten, die sich einer Steroid-Langzeittherapie unterziehen müssen. Eine Supplementierung ist dringend anzuraten.
Antiepileptika stören außerdem die Resorption von Folsäure, was zu einer Hyperhomocysteinämie führen kann.
Die Einnahmen von Phenytoin und Phenobarbital wirkt sich zudem negativ auf die Resorption von Thiamin aus.
Phenprocoumon und Warfarin verringern die Bioverfügbarkeit von Vitamin K.
Hier gibt es eine ganze Reihe von Mikronährstoffen, die durch die Einnahme von Zytostatika in ihrer Aufnahme beeinträchtigt werden.
Quelle: Uwe Gröber, siehe 3)
Colchicin senkt die Vitamin-B12-Resorption. Allopurinol kann, vor allem bei gleichzeitiger Einnahme von Eisen, dessen Speicher in der Leber in gefährlichem Maße erhöhen.
ACE-Hemmer wie Captopril, Atenolol oder Verapamil können sich negativ auf den Zinkstatus auswirken, da sie die renale Ausscheidung des Mineralstoffes gesteigert wird.
Werden Diuretika in der Therapie das Bluthochdrucks eingesetzt, kann ein Magnesium- und Kaliummangel auftreten. Sie haben ebenso einen negativen Einfluss auf den Zinkhaushalt des Körpers.
Furosemid HCT und Triamteren fördern die renale Folsäureexkretion und behindern zusätzlich die Resorption. Dadurch nimmt der Folsäurestatus ab, die Gefahr einer Hyperhomocysteinämie erhöht sich.
Im Gegensatz dazu senkt Spironolacton die Kaliumexkretion. Hier steigt das Risiko einer Hyperkaliämie.
Frauen, die orale Kontrazeptiva anwenden, weisen einen erniedrigten Blutspiegel an verschiedenen Mikronährstoffen auf. Dazu gehören in erster Linie die Vitamine B2, B6, B12, Ascorbin- und Folsäure sowie die Mineralstoffe Magnesium und Zink. Außerdem ist ein signifikant erhöhter Homocysteinwert gemessen worden, was an der erniedrigten Konzentration der B-Vitamine und der Folsäure liegen kann. Sie entgiften normalerweise dieses nerventoxische Stoffwechselprodukt, das mit einem erhöhten Risiko für Osteoporose, Thrombosen, Schlaganfälle oder Alzheimer-Demenz in Verbindung gebracht wird.
Die Serumspiegel von Beta-Carotin, Vitamin E und Coenzym-Q10 sind in dieser Gruppe erniedrigt. Erhöhte Werte von Vitamin A und Kupfer fallen allerdings im Gegensatz dazu ebenfalls auf. Das hängt vermutlich mit deren erhöhter Freisetzungsrate aus der Leber zusammen.
Vitamin D und Calcium werden schlechter resorbiert und gleichzeitig vermehrt ausgeschieden – beides lässt das Osteoporoserisiko ansteigen.
Die Exkretion von Ascorbinsäure wird ebenfalls erhöht, bei gleichzeitig vermehrter Oxidation.
Auch Chrom wird vermehrt über den Urin ausgeschieden. Das beeinträchtigt die Glucosetoleranz und ist womöglich einer der Gründe für die Entwicklung eines Steroid-Diabetes.
Statine hemmen die Coenzym-Q10-Synthese und stören den Selenhaushalt. Da Coenzym Q10 eine wichtige Rolle bei der Energiegewinnung in den Mitochondrien spielt, fühlen sich betroffene Patienten häufig müde und schwach.
Nicotinsäure ist ein Vitamin-B6-Antagonist, der zu einer Hyperhomocysteinämie führen kann.
Gemfibrozil kann den Blutspiegel von Vitamin E und Coenzym Q10 negativ beeinflussen.
Colestyramin stört, wie auch der Lipidsenker Colesevelam, die Fettverdauung im Darm. Dadurch kommt es zu einer Resorptionsbeeinträchtigung der fettöslichen Vitamine A, D, E und K. Zudem bildet es unlösliche Verbindungen mit Folsäure und dem Intrinsic Factor. Das führt zu einer verschlechterten Aufnahme von Vitamin B12. Es besteht außerdem ein möglicher negativer Einfluss auf die Mineralstoffe Calcium, Magnesium, Zink und Eisen.
Protonenpumpenhemmer und H2-Antagonisten erhöhen das Risiko für einen Vitamin-B12-Mangel. Das kann neurologische Störungen verursachen, daher ist eine Supplementierung anzuraten. Die Folsäureresorption kann beeinträchtigt sein, wie auch der Beta-Carotin-Haushalt.
Die Einnahme von Omeprazol kann zu Magnesium- und Zinkmangel führen. Calcium, Vitamin D, Ascorbinsäure, Eisen und B-Vitamine werden ebenfalls schlechter resorbiert. Dadurch steigt das Risiko für Knochenfrakturen an.
Auch H2-Antagonisten hemmen die Aufnahme von Vitamin B12 und Folsäure.
Aluminium- oder magnesiumhydroxidhaltige Antazida verringern die Bioverfügbarkeit der Mineralstoffe Eisen, Zink und Kupfer, und erhöhen die Calziumausscheidung renal und fäkal. Auch die Aufnahme von B-Vitaminen im Darm wird gestört.
Laxantien führen durch die Beschleunigung des Nahrungstransportes zu einer Beeinträchtigung des Mikronährstoff-Status. Besonders der erhöhte Elektrolytverlust führt zu einer Obstipation und dadurch häufig zu erhöhtem Laxantiengebrauch – ein Teufelskreis entsteht.
Hier unterscheiden wir vor allem zwei Gruppen, nämlich Acetylsalicylsäure und Nichtsteroidale Antirheumatika.
Sie fördert die Ausscheidung von Ascorbin- und Folsäure über die Niere und hemmt zusätzlich deren Aufnahme im Magen-Darm-Trakt. Dadurch sinken sowohl die Konzentrationen im Blut-Serum, als auch von Vitamin C in der Magenschleimhaut, wo es eine antioxidative Aufgabe hat. Ist zu wenig von diesem Vitamin dort enthalten, sinkt auch die Magenverträglichkeit von ASS.
Dosisabhängig kann die Einnahme von ASS eine negative Auswirkung auf den Eisenspiegel haben, sollten gastrointestinale Blutungen auftreten.
Hier können fäkale Blutverluste zu niedrigen Eisenwerten führen.
Methotrexat wirkt außerdem als Folsäureantagonist. Folsäure sollte hier aber erst nach Rücksprache mit dem behandelnden Arzt supplementiert werden. Sie kann nämlich im Gegenzug auch die Aufnahme von MTX negativ beeinflussen. Die Einnahme von Sulfasalazin wirkt sich ebenfalls negativ auf den Folsäurespiegel aus.
Penicillamin verbindet sich mit Vitamin B6, das dadurch vermehrt ausgeschieden wird und zusätzlich noch einen großen Teil seiner Wirkung einbüßt. Mit Kupfer und Zink bildet das Antirheumatikum Chelatkomplexe, die mit dem Harn ausgeschieden werden.
Der Kaliumserumspiegel kann bei Einnahme von NSAR wie Ibuprofen oder Indometacin ansteigen, da die Nierenfunktion eingeschränkt ist. Die Folgen davon können bei gleichzeitiger Supplementierung des Minerals eine Bradykardie, ein AV-Block oder neuromuskuläre Störungen sein.
D-Penicillamin inaktiviert Vitamin B6 physiologisch, sodass es über die Niere ausgeschieden wird. Auch Zink und Kupfer können im Körper verstärkt abgebaut werden.
Das Wissen um diese Zusammenhänge kann bei der Beratung von Patienten in Dauertherapie sehr nützlich sein. Eine Supplementierung mit den Mikronährstoffen, die durch die Einnahme entsprechender Medikamente dem Körper nicht ausreichend zur Verfügung stehen, sollte besonders zur Prävention von Folgeerkrankungen erfolgen.
Verwendete Quellen:
1) Uwe Gröber u. Klaus Kisters: „Arzneimittel als Mikronährstoff-Räuber. Was Ihr Arzt und Apotheker Ihnen sagen sollte“, Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft Stuttgart, 2014.
2) Felicitas Reglin: „Wechselwirkungen zwischen Arzneistoffen und Mikronährstoffen“, Reglin R (Verlag), 2009.
3) Uwe Gröber: „Arzneimittel und Mikronährstoffe“, Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft Stuttgart, 2018.
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