Erhalten Kinder kurz nach der Geburt Probiotika, verringert sich ihr Risiko, an Typ-1-Diabetes zu erkranken. Präventiv zeigen Anti-CD3-Antikörper oder Impfungen wünschenswerte Effekte. Bis zur Praxis ist der Weg nicht mehr weit.
Diabetes mellitus Typ 1 tritt bereits in jungen Jahren auf. 300.000 Menschen in Deutschland leiden an dieser Erkrankung, darunter 30.000 Kinder und Jugendliche unter 19 Jahren. Durch Autoimmunreaktionen gehen insulinproduzierende Betazellen in Langerhans'schen Inseln des Pankreas zugrunde (Diabetes mellitus Subtyp 1a). Je früher im Leben diese Entzündung beginnt, desto schneller verläuft sie auch. Als Folge kommt es zu absolutem Insulinmangel. Wissenschaftler suchen schon lange nach Möglichkeiten zur Prävention. Mit Probiotika haben sie aktuellen Studien zufolge einen Ansatz gefunden.
Für die noch laufende TEDDY-Studie (The Environmenal Determinants of Diabetes in the Young) rekrutierten Forscher Kinder von vier bis zehn Jahren rekrutiert. Alle kleinen Probanden haben aufgrund ihres HLA-Genotyps ein erhöhtes Risiko, an Typ-1-Diabetes zu erkranken. Kinderärzte testen regelmäßig alle drei bis sechs Monate, ob im Blut Inselautoantikörper zu finden sind. Fragebögen für die Eltern liefern weitere Informationen zu Krankheiten, allen voran zu viralen Infektionen oder zu Ernährungsgewohnheiten. Aus Daten von 7.473 kleinen Probanden zwischen vier und zehn Jahren geht hervor, dass frühe Probiotika-Expositionen zu einem signifikant niedrigeren Typ-1-Diabetesrisiko führen. Bei Kindern, die in den ersten 27 Tagen ihres Lebens Probiotika erhalten hatten, reduzierte sich das Risiko, Inselautoantikörper zu entwickeln, signifikant. Es lag im Schnitt 44 Prozent niedriger als bei Gleichaltrigen, die später oder nie Probiotika erhalten hatten. Bei Prädisposition aufgrund des HLA-Genotyps DR3/4 waren es sogar 60 Prozent. Als mögliche Erklärung sehen Forscher immunologische Aufgaben der Darmflora.
Ein weiterer immunologischer Ansatz: Bei der Pre-POINT-Studie erhielten Kinder mit hohem Typ-1-Diabetesrisiko, aber ohne Autoantikörper, orales Insulin beziehungsweise Placebo. Unter Verum kommt es wahrscheinlich schon im Mund zur erwünschten Immunantwort. Sollte der Impfstoff Autoimmunerkrankungen dauerhaft verhindern, stünde einer flächendeckenden Anwendung nichts im Wege. Finden Ärzte zwei oder mehr spezifische Inselautoantikörper, sprechen sie von Prädiabetes. In diesem Stadium könnten monoklonale Anti-CD3-Antikörper wie Abatacept oder Rituximab helfen, um autoimmune Prozesse zu verlangsamen. Sollten sich die positiven Resultate in größeren Studien bestätigen, haben Pädiater beziehungsweise Diabetologen bald wirkungsvolle Strategien zur Vermeidung des Typ 1-Diabetes an der Hand.