Die lebenslange Einnahme von Immunsuppressiva bei einer Organtransplantation könnte sich bald erübrigen: durch Infusionen mit speziell behandelten Blutzellen des Spenders.
Die Infusionen sollen dafür sorgen können, dass das Immunsystem des Organempfängers das Spenderorgan als körpereigen wahrnimmt. Nach einer Transplantation bildet der Empfängerorganismus häufig Antikörper gegen das als fremd erkannte Gewebe. Über diese Antikörper und Entzündungsmediatoren wird die zelluläre Immunabwehr aktiviert und das Spenderorgan angegriffen und zerstört. Immunsuppressiva sollen die Abstoßungsreaktion verhindern, doch können sie das Risiko für Infekte, Hypertonie, Krebs oder Diabetes erhöhen.
Immunologen suchen deshalb schon lange nach einer alternativen Möglichkeit, die Toleranz gegenüber Transplantaten zu ermöglichen. Forscher der University of Minnesota führten einen Versuch bei Rhesusaffen durch und waren erfolgreich. Die aktuelle Studie setzt dabei auf einen Lernmechanismus des Immunsystems. Tritt die Apoptose ein, werden die toten Zellen über die Milz von den Immunzellen erfasst. So speichern sie die molekulare Signatur ab und erkennen sie anschließend als körpereigen.
Mithilfe der chemischen Vernetzung Ethylcarbodiimid, die den Zelltod künstlich auslöst, kann dieser Prozess imitiert werden. Im Experiment behandelten die Forscher Zellen der Spender und injizierten sie dann dem Organempfänger. Die Zellen starben ab, durchliefen denselben Prozess wie körpereigene Zellen und wurden entsprechend nicht als feindlicher Eindringling klassifiziert.
Konkret litten die fünf Rhesusaffen an Diabetes Typ 1 und sollten als Therapie Pankreas-Inselzellen erhalten. Eine Woche vor und einen Tag nach der Transplantation injizierten die Forscher ihnen modifizierte Leukozyten der Spenderaffen. Auch erhielten sie immunsupprimierende Medikamente, dies allerdings bloß für drei Wochen. Das vielversprechende Ergebnis: Nachdem sie diese absetzten, blieb eine Abstoßungsreaktion aus. Auch ein Jahr nach der Operation wurden die transplantierten Pankreaszellen nicht vom eigenen Immunsystem angegriffen.
Laut der Forscher ist ihre Methode auch für Nieren- und Lebertransplantationen denkbar – also bei Lebendorganspenden. Sie hoffen, dass ihre Ergebnisse in den nächsten Jahren in klinischen Studien bestätigt werden.
Textquellen: Amar Singh / Nature Communications & Krystle Barbour / University of Minnesota Medical SchoolBildquelle: JOSHUA COLEMAN / unsplash