Die Proteine Neil1 und Neil2 nehmen im Prozess der DNA-Demethylierung eine wichtige Funktion ein. Obwohl die Proteine auch bei der DNA-Reparatur eine Rolle spielen, sind sie gleichermaßen an der Entfernung epigenetischer Markierungen von der DNA beteiligt.
Wissenschaftler am Institut für Molekulare Biologie (IMB) in Mainz haben ein fehlendes Puzzleteil entdeckt, das erklärt, wie epigenetische Markierungen von der DNA entfernt werden. Die aktuelle Forschung zur DNA-Demethylierung gibt Aufschluss über einen Prozess, der in der menschlichen Entwicklung und bei Krankheiten wie Krebs eine fundamentale Rolle spielt. Ein bedeutender epigenetischer Prozess ist die DNA-Methylierung, bei der eine der vier Basen der DNA durch Anhängen einer Methylgruppe markiert wird. Dies resultiert üblicherweise in einer reduzierten Aktivität der benachbarten Gene.
Wie Methylmarker an die DNA angeheftet werden, ist bereits gut erforscht. Aber wie die Markierungen im Prozess der DNA-Demethylierung wieder entfernt und somit Gene reaktiviert werden, ist noch nicht vollständig bekannt. Wissenschaftler des IMB konnten mit Neil1 und Neil2 zwei Proteine identifizieren, die für die Demethylierung der DNA wichtig sind. „Diese Proteine sind ein fehlendes Bindeglied in der Kette der Ereignisse, die erklären, wie DNA effizient demethyliert werden kann“, erklärt Lars Schomacher, Erstautor des Aufsatzes. Interessanterweise sind bei der DNA-Demethylierung Proteine beteiligt, die auch bei der DNA-Reparatur zum Einsatz kommen. Somit sind epigenetische Genregulation und Genomstabilität miteinander verknüpft. Schomacher und seine Kollegen haben nun mit Neil1 und Neil2 zwei weitere Reparaturfaktoren gefunden, die nicht nur die Integrität der DNA schützen, sondern auch an der DNA-Demethylierung beteiligt sind. Die Forscher konnten zeigen, dass mithilfe der Neil-Proteine die Aktivität eines weiteren Proteins, Tdg, verstärkt wird. Tdg ist als zentrales Enzym der DNA-Demethylierung bekannt.
Sowohl die Neil-Proteine als auch Tdg sind essenziell für die Embryonalentwicklung. Schomacher et al. führten Experimente durch, in denen sie Froschembryonen in einem frühen Entwicklungsstadium jeweils eines dieser Proteine entfernten. Sie fanden heraus, dass die Embryonen in der Folge gravierende Probleme in der Entwicklung aufwiesen und noch vor Erreichen des Erwachsenenalters starben. Fehler beim Anheften und Entfernen von Methylmarkern an die DNA führen zu Störungen in der Entwicklung und zu Krebs, bei dem Zellen entarten und sich unkontrollierbar vermehren. Die Entschlüsselung der Proteine, die an der DNA-Demethylierung beteiligt sind, wird zum Verständnis dieser und anderer Krankheiten beitragen und möglicherweise neue Behandlungswege eröffnen. Originalpublikation: Neil DNA glycosylases promote substrate turnover by Tdg during DNA demethylation Lars Schomacher et al.; Nature Struct Mol Biol, doi: 10.1038/nsmb.3151; 2016