In den letzten Wochen wurde heftig über das Vorhaben von zwei Forschergruppen diskutiert. Beide wollen Mischwesen aus Mensch und Tier kreieren. Die Fakten kurz und bündig.
Einige hatten bisher vielleicht keine Zeit oder auch nicht die Muße, sich mit dem Mischwesen aus Mensch- und Tierzellen auseinanderzusetzen. In diesem Artikel werden alle Fakten nochmal auf den Tisch gelegt.
Aktuell sind zwei Projekte am Laufen. Projekt Nummer eins findet in Japan statt. Dort darf ein Forscher nun lebensfähige Mensch-Tier-Embryos, sogenannte Chimären, kreieren, sie verpflanzen und austragen lassen. So entschied ein Expertenkomittee des japanischen Wissenschaftsministeriums, nachdem der Genetikprofessor Hiromitsu Nakauchi der University of Tokyo und der Stanford University in California einen entsprechenden Antrag gestellt hatte. Sein großes Ziel: Menschliche Zellen in Schweineembryos zu Organen heranzuzüchten, die dann in den Menschen transplantiert werden können. Er plant die Experimente zunächst im kleineren Rahmen mit Mäusen und Ratten, in deren Embryos er menschliche Stammzellen injiziert. Auch sollen die daraus entstehenden Tiere vorerst noch nicht ausgetragen werden, sondern zunächst für 14,5 Tage in Mäusen und 15,5 Tage in Ratten heranreifen, bis die Organe des Tieres fast vollständig ausgebildet sind. Anschließend plant Nakauchi, die Hybridembryonen in Schweinen für bis zu 70 Tage heranwachsen lassen.
Bereits im Jahr 2010 hatte Nakauchi in Mäusen Pankreas gezüchtet, die vorwiegend aus Zellen von Ratten bestanden. 2017 züchtete er dann in Ratten Bauchspeicheldrüsen aus Mäusezellen und transplantierte sie diabeteskranken Mäusen. Mit diesem Experiment konnte er Diabetes bei Mäusen heilen. Ähnliche Experimente mit Schafen waren nicht von Erfolg gekrönt.
Nun zu Projekt Nummer zwei: Bislang war es in Japan – so wie auch in Deutschland – verboten, Tierembryos mit menschlichen Zellen länger als 14 Tage entwickeln zu lassen. In China gibt es diese Vorgaben nicht. Dort müssen Chimären am 14. Tag nach der Befruchtung nicht abgetötet werden. Deswegen führte ein spanisches Team um Juan Carlos Izpisua Belmonte ihre Chimären-Experimente dort durch. Eigenen Angaben nach haben sie Makaken-Embryos mit menschlichen induzierten pluripotenten Stammzellen (iPS-Zellen) versetzt. Es soll dabei eine Affe-Mensch-Chimäre entstanden sein, die kurz vor der Geburt abgetötet wurde. Weitere Details gibt es dazu aber nicht, da die Experimente noch in keinem Fachjournal veröffentlicht wurden. Bereits 2017 hat Belmonte versucht, Schweineembryonen mit menschlichen Stammzellen zu versetzen. Das war allerdings ohne Erfolg.
Was sind Chimären und wie entstehen sie?
Bei einer Chimäre handelt es sich um ein Lebewesen, das aus Zellen verschiedener genetischer Herkunft besteht, wobei den genetisch differenten Zellen Immuntoleranz vom Organismus entgegengebracht wird. Nur wenn die Zellen zwei verschiedenen Eizellen entspringen, wird das daraus entstandene Lebewesen als Chimäre bezeichnet.
Tier-Mensch-Chimären entstehen, indem Forscher menschliche Stammzellen in einen Tierembryo injizieren. Soll ein neues Organ entstehen, schalten Wissenschaftler zunächst die entsprechenden Gene, z.B. mittels CRIPSR/Cas im Embryo aus, die für die Entwicklung des Organs zuständig sind. So können sich die menschlichen Stammzellen an der Stelle zum Organ entwickeln.
In der medizinischen Forschung experimentiert man schon länger mit solchen „Mischwesen“. Es gibt sogar schon Mäuse mit Gehirnzellen des Menschen. Bei diesen Experimenten wurden die Zellen aber nicht in Embryonen, sondern in neugeborene Tiere implantiert. Neu ist also der Plan der Wissenschaftler, die Embryonen zu manipulieren und auch austragen zu lassen.
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