Mehr als nur ein Betablocker: Eine Einzelgabe Propranolol hilft Menschen mit Spinnenphobie. Jetzt ist es an der Zeit, größere Studien zu initiieren. Firmen zeigen eher wenig Interesse. Bleiben noch öffentliche Forschungseinrichtungen.
Vor rund 50 Jahren hat James Whyte Black Propranolol entwickelt, um arterielle Hypertonien zu therapieren. Für seine umfangreichen Studien erhielt der britische Pharmakologe sogar einen Nobelpreis. Das Molekül hält trotzdem noch Überraschungen bereit.
Mehrere Zufallsbeobachtungen deuteten darauf hin, dass Propranolol Effekte bei Phobien zeigt. Bislang blieb Betroffenen nur, eine kognitive Verhaltenstherapie über sich ergehen zu lassen, was viel Zeit und Geld kostet. Ohne hinreichende Behandlung besteht die Gefahr, dass sich entsprechende Erkrankungen festigen. Marieke Soeter und Merel Kindt, Amsterdam, untersuchten das Pharmakon jetzt im Rahmen einer Studie. Sie rekrutierten 30 Patienten mit Spinnenphobie. Alle Teilnehmer erhielten 40 mg Propanolol oder Placebo als Einzelgabe. Danach mussten sie sich einer Vogelspinne nähern. Unter Verum reduzierte sich das Vermeidungsverhalten drastisch, schreiben Soeter und Kindt. Betroffene konnten sich einer Spinne sogar nähern. Der Effekt hielt ohne weitere Pharmakotherapie zwölf Monate lang an.
Die Substanz zeigt älteren Arbeiten zufolge auch wünschenswerte Effekte bei Angst oder posttraumatischen Belastungsstörungen. Kindt zeigte anhand von Konditionierungsexperimenten, dass sich schmerzhafte Erinnerungen kaum mehr im Gehirn festsetzen. Welche Mechanismen hier ablaufen, ist bislang unbekannt. Da größere Studien fehlen, findet sich Propanolol noch nicht in Leitlinien. Genau hier liegt das Problem: Forschende Hersteller haben keine Möglichkeit, das Molekül zu patentieren. Ihr Interesse an weiteren Untersuchungen hält sich in Grenzen. Jetzt sind staatliche Forschungseinrichtungen am Start. Die University of California, San Francisco, rekrutiert gerade Teilnehmer für ihre Studie „Perioperative Propranolol in Patients With Post Traumatic Stress Disorder (PTSD)“. Und das Douglas Mental Health University Institute sucht Probanden für ein Projekt namens „Reducing Reconsolidation of Trauma Memories With Propranolol“.