Das Arzt-Patienten-Gespräch soll mit dem neuen EBM ab April 2020 stärker gefördert werden. Aber wie kann die sprechende Medizin nach EBM und GOÄ abgerechnet werden? Ein Überblick.
Patientenzentrierte Beratung und Erklärungen sind die Voraussetzung für eine partizipative Entscheidung. Diese wird heutzutage immer stärker eingefordert und ist auch essentiell, um die Therapietreue zu steigern. Das Gespräch ist das wichtigste Element einer konstruktiven Arzt-Patienten-Beziehung. Schon angehende Ärzte werden daher mit Kommunikationstrainings auf das Patientengespräch in unterschiedlichsten Situationen vorbereitet.
Zum Thema Kommunikation haben wir bereits einige Beiträge im Praxisärzte-Blog veröffentlich (z. B. „So vermeiden Sie Beschwerden von Patienten nach dem Aufklärungsgespräch“). In diesem Beitrag geht es aber um die Abrechnung des ärztlichen Gespräches nach EBM und GOÄ.
Über 150 Gebührenordnungspositionen (GOP) für sprechende Medizin finden sich im Einheitlichen Bewertungsmaßstab (EBM). Viele davon beinhalten neben der Beratung über eine Pauschale auch noch andere Tätigkeiten, wie Untersuchung und Dokumentation. Ein Beispiel dafür ist die GOP 03220 bzw. 04220 als „Zuschlag zur GOP 03000/04000 für die Behandlung und Betreuung eines Patienten mit mindestens einer lebensverändernden chronischen Erkrankung“. Der Leistungsumfang der GOP enthält neben der „fortlaufenden Beratung hinsichtlich Verlauf und Behandlung der chronischen Erkrankung(en)“ u. a. auch Behandlung, Koordination und Aktualisierung des Medikationsplans.
Daraus können sich Ausschlüsse für andere GOP mit Beratungsleistungen ergeben. Z. B. darf die Fallkonferenz (GOP 37120) nicht gemeinsam in derselben Sitzung mit der Beratungs-Zusatzpauschale GOP 37400 angesetzt werden.
Andere Leistungen der sprechenden Medizin sind als Zuschläge mit Zeitaufwand (z. B. zehn Minuten) hinterlegt und können bei längeren Gesprächen ggfs. mehrfach angesetzt werden. Ein Beispiel dafür ist die GOP 03230 / 04230 für das ausführliche Gespräch bei lebensverändernder Krankheit.
Zu den wichtigsten GOP-Ziffern für sprechende Medizin zählen:
01438
Telefonische Kontaktaufnahme Telemedizin
03220 / 04220
Chronikerpauschale
03230 / 04230
Problemorientiertes ärztliches Gespräch, das aufgrund von Art und Schwere der Erkrankung erforderlich ist
03370
Palliativmedizinische Ersterhebung des Patientenstatus inkl. Behandlungsplan
14220 / 16220 / 21220
Gespräch, Beratung, Erörterung, Abklärung (Einzelbehandlung)
22220 / 23220 / 51030
Psychotherapeutisches Gespräch (Einzelbehandlung)
22221
Psychosomatik (Einzelbehandlung)
35110
Verbale Intervention bei psychosomatischen Krankheitszuständen
35151
Psychotherapeutische Sprechstunde
37120 / 37320
37318
51022
Details zu den Inhalten der jeweiligen GOP-Ziffern, den Kombinationsmöglichkeiten und Ausschlüssen finden Sie im Online-EBM der KBV.
Die Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) unterscheidet zwischen einer Kurzberatung (Nr. 1 GOÄ) und einer ausführlichen Beratung von mindestens zehn Minuten (Nr. 3 GOÄ). Ab mindestens 20 Minuten Dauer können Sie ggfs. die „Erörterung der Auswirkungen einer Krankheit auf die Lebensgestaltung“ (Nr. 34 GOÄ) oder die „Psychotherapeutische Behandlung“ (Nr. 849 GOÄ) abrechnen.
Die GOÄneu will die sprechende Medizin deutlich höher bewerten als bislang. Aktuell führen die Bundesärztekammer und der PVS-Verband Gespräche darüber, wie hoch die neue Leistungslegenden bewertet werden. Anfang 2020 soll der Entwurf dem BMG vorgelegt werden.
Die Kurzberatung (Nr. 1 GOÄ) lässt sich bis 3,5-fach steigern und durch Zuschläge ergänzen. Dabei ist es egal, ob die Beratung persönlich oder telefonisch durchgeführt wurde. Sie kann im Behandlungsfall neben den Leistungen aus Abschnitt C bis O nur einmal berechnet werden.
Ansonsten, oder wenn durch Neuerkrankung oder deutliche Befundverschlechterung ein neuer Behandlungsfall vorliegt, kann sie wiederholt an ein und demselben Tag angesetzt werden. Dann müssen Sie aber klar dokumentieren, dass die wiederholte Kurzberatung entweder notwendig war oder auf Verlangen des Patienten passierte und zwischen den Beratungen ausreichend Zeit vergangen ist. Geben Sie jedes Mal die Uhrzeit mit an. Finden mehrere Beratungen in derselben Sitzung statt, müssen Sie das über die Steigerungssätze abbilden.
Die Zuschläge A bis D gelten für Beratungen außerhalb der Sprechstunde und können auch angesetzt werden, wenn die Nr. 1 selbst nicht mehr abgerechnet werden kann. Ausschlüsse gibt es für die Ziffern 2, 3, 21 – 34, 45, 46, 48, 50 – 51, 376 – 378, 435, 448, 449, 804, 806 – 808, 812, 817, 835, 849, 861 – 864, 870 – 871, 886 und 887.
Die ausführliche Beratung (Nr. 3 GOÄ) kann als Einzelleistung angesetzt werden, oder mit einer symptom-, organ- oder ganzkörperbezogenen Untersuchung kombiniert werden (Nr. 5, 6, 7, 8, 800, 801 GOÄ). Auch hier sind Steigerungen bis 3,5-fach und Zuschläge möglich. Sie darf aber nur einmal pro Behandlungsfall abgerechnet werden. Unter bestimmten Umständen können Sie die Nr. 3 GOÄ mehrfach ansetzen, z. B. wenn sich die Beschwerden verschlimmern oder untypische Symptome auftreten.
Was sind die häufigsten Konstellationen, in denen Sie die sprechende Medizin abrechnen? Wo stoßen EBM und GOÄ aktuell an Ihre Grenzen bei der Abrechnung des Patientengesprächs? Hinterlassen Sie uns einen Kommentar.
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